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Verliebte Geschmäcker

Sella Oneko14. Februar 2013

Süß, salzig, bitter oder sauer - frisch Verliebte nehmen diese Geschmäcker schlechter wahr als Langzeitpaare oder Singles. Schuld sind Hormone, so die Forscher des "Technologie-Transfer-Zentrums".

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Ein Paar küsst sich auf einer Parkbank (Foto: AP)
Bild: AP

Bei frisch Verliebten befindet sich der Körper im Ausnahmezustand. Das Sprichwort, nach dem der verliebte Koch die Suppe versalzt, trifft es dabei auf den Punkt: Denn frisch verliebt sein beeinflusst tatsächlich das Schmecken von salzig, süß, sauer und bitter.

Schuld daran sind die Hormone - chemische Botenstoffe, die an fast allen Körperfunktionen beteiligt sind. Sie steuern beispielsweise auch den Stoffwechsel mit, das Immunsystem oder die Anfälligkeit für Stress. Und sie sind eben auch dann beteiligt, wenn es um die Liebe geht.

Ausnahmezustand: Liebe

"Hormone spielen eine zentrale Rolle im Körper, alles was wir empfinden, was wir fühlen, ist hormonell bedingt", erklärt Carsten Harms vom Forscherteam des Technologie-Transfer-Zentrums (ttz) in Bremerhaven. "Wenn wir dann in einer Ausnahmesituation wie der Liebe sind, dann gibt es verschiedene Hormone, die erhöht sind. Und diese Erhöhung kann bei der Wahrnehmung von Geschmack durchaus eine wesentliche Rolle spielen."

Laugenbrezeln mit Salz (Foto: Fotolia)
Paare schmecken Salz besser als frisch VerliebteBild: cmfotoworks/Fotolia

Dieses veränderte Empfinden haben die Wissenschaftler an 46 Personen überprüft. Neben den frisch Verliebten galten eine Gruppe von Singles und Menschen in längeren Beziehungen als Kontrollgruppen. Im Vorfeld der Studie half bei der Personenauswahl ein psychologischer Test. Der sogenannte Passionate Love Scale Test wurde 1986 von Elaine Hatfield und Susan Spencer entwickelt. In dem Fragebogen gaben die Probanden an, wie oft sie beispielsweise an ihren Partner denken oder ihn vermissen. Passten sie danach entweder in Gruppe der frisch Verliebten oder in eine der Kontrollgruppen, konnten sie an der Studie teilnehmen.

Während des Tests mussten alle Probanden schmecken, riechen und Speichelproben abgeben. Um hierbei messbare Veränderungen im Körper festzustellen, als sogenannten Biomarker, nahmen die Forscher die Hormone Oxytocin und Testosteron.

Der Beziehungsstatus beeinflusst Hormone

Die Testergebnisse zeigen, dass sich der Oxytocin-Spiegel tatsächlich auf die Geschmacksschwellen der Verliebten auswirkt. Ein wirklich interessantes Resultat, meint Harms, denn somit brauchen frisch Verliebte einen höheren Salz-, Süß-, Bitter- oder Saueranteil im Essen, um die Geschmacksrichtung zu erkennen. Langzeitpaaren fiel die Unterscheidung dagegen leicht.

Oxytocin ist sonst als Kuschelhormon bekannt, da es mit Liebesgefühlen in Zusammenhang gebracht wird. Bei Frauen tritt es beispielsweise vermehrt nach der Entbindung oder beim Stillen auf. Aber auch der Beziehungsstatus beeinflusst das Hormon, wie die Ergebnisse der Studie beweisen: Denn bei den Langzeitpaaren zeigte sich eine höhere Menge Oxytocin im Speichel als dagegen bei der Single-Gruppe.

Ein junges Paar schmust im Bett (Foto: dpa)
Die Passionate Love Scale: seit den 1980ern gilt der Test als zuverlässiger LiebesindikatorBild: picture-alliance/dpa

Auch der Testosteronspiegel, der normalerweise bei Männern und Frauen in seiner Konzentration und Wirkungsweise sehr unterschiedlich ist, glich sich bei den Verliebten an: Bei den Frauen stieg das Testosteron an, bei den Männern sank es dagegen ab. Einen noch tieferen Testesteronspiegel als die Frischverliebten hatten die Männer, die sich in einer Beziehung befanden - ein Zeichen für eine ruhigere und ausgeglichenere Lebenslage, denken die Wissenschaftler. 

Nicht nur Verliebte schmecken anders

Die hormonellen Schwankungen würden sich jedoch nicht nur auf verliebte Geschmäcker auswirken, erklärt der Geschmacksexperte. Auch andere Ausnahmezustände, wie die Ausschüttung von Adrenalin bei Extremsportlern oder Menschen unter Stress, könnten für die Ergebnisse relevant sein. Die Geschmacksschwelle von Salz könnte beispielsweise auch einen Hinweis auf den Bedarf des Körpers geben.

"Man müsste mit mehreren Biomarkern arbeiten", meint Harms. "Weil die hormonelle Situation bei solchen Extremsituationen nicht nur auf zwei Hormonen beruht, sondern es ein ganzer Cocktail ist, der sich entfaltet." Diese Studie sei deshalb nur der Anfang. Mit mehreren Hormonen und mehreren Geschmacksrichtungen ließe sich dann auch noch herausfinden, ob es in diesen Ausnahmezuständen, wie der Liebe, auch einen anderen Bedarf an Lebensmitteln gibt. Für die Nahrungsmittelindustrie wäre ein solches Ergebnis auch interessant, um künftig besser auf solche speziellen Geschmäcker einzugehen, so Harms.