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EU-Erweiterung

15. Oktober 2009

Die EU-Kommission hat ihren jährlichen Bericht über den Erweiterungsprozess vorgelegt. Im Mittelpunkt standen die Empfehlungen für die Türkei, Kroatien und Mazedonien.

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Olli Rehn stellt die Jahresberichte vorBild: picture-alliance/dpa

Die Kritik der EU-Kommission an der Türkei richtet ihren Blick auf die Themen Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte, Presse- und Meinungsfreiheit sowie die Öffnung türkischer Häfen für Schiffe aus Zypern. Obwohl Ende dieses Jahres eine Frist für die Lösung dieses Problems abläuft, schlägt die Kommission keinen neuen Zeitplan oder Sanktionen gegen die Türkei vor. Damit sollen die laufenden Verhandlungen um die Wiedervereinigung Zyperns nicht gestört werden. Die Kommission sieht jedoch auch viele Fortschritte und hält die Beitrittsperspektive der Türkei prinzipiell offen.

Flash-Galerie Symbolbild EU Beitritt Türkei
Die Türkei muss noch warten...Bild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Türkei zufrieden

Die Türkei zeigt sich nicht begeistert über den Bericht der EU-Kommission, obwohl er in Ankara als "positiv" und "ausgewogen" aufgenommen worden ist. "Das ist der objektivste Bericht bis jetzt“, so Egemen Bağış, Staatsminister und Chefunterhändler der Türkei bei den Beitrittsverhandlungen. Die Regierung in Ankara zeigte sich zufrieden, weil der Bericht die Reformanstrengungen der Türkei unterstütze. "Der Bericht beinhaltet nicht wie bis jetzt allgemeine Themen, sondern vorwiegend technische Bewertungen. Das zeigt, dass die Türkei mit richtigen Schritten systematisch die Vollmitgliedschaft angeht und der Beitrittsprozess an Reife gewinnt“, sagte Staatsminister Bağış.

Er sieht in dem Bericht eine "Bestätigung der Entschlossenheit der Türkei der EU beizutreten". Trotz grundsätzlich gleicher Meinung äußerte der Vorsitzende der einflussreichen Vereinigung der Industrie-, Handels- und Börsenkammer, Rifat Hisarcıklıoğlu, auch Kritik: die Form, wie der Bericht verfasst wurde, zeige, dass "manche Mitgliedsländer Druck ausgeübt und den Bericht kanalisiert haben.“ Zudem nehme der Fortschrittsbericht „keinen Bezug auf Visumfreiheit, freie Handelsverträge und Transportkontingente“.

g1.jpgTreffen des Mazed. Außenminister Antonio Milososki mit dem EU Kommisar Oli Rehn
Ihr macht das gut, obwohl... Olli Rehn und Außenminister Antonio MilososkiBild: Dragan Todorovski

Euphorie in Mazedonien

Im Unterschied zur Türkei hat der Bericht unter mazedonischen Politikern eine richtige Euphorie ausgelöst. Vier Jahre nach der Erklärung zum EU-Beitrittskandidaten habe das Balkanland "wichtige Fortschritte" erzielt, heißt es im Jahresbericht. Deswegen gab die EU-Kommission grünes Licht für Beitrittsverhandlungen mit Skopje. "Dies ist ein historischer Tag für Mazedonien", erklärte Ministerpräsident Nikola Gruevski. Die Eröffnung der Beitrittsgespräche bedarf allerdings noch der Zustimmung der 27 EU-Regierungen einschließlich Griechenlands, das mit Skopje seit Jahren über den Staatsnamen Mazedonien streitet.

Weiter Problem mit Griechenland

"Wir sind bereit, die Verhandlungen mit Griechenland über den Namen unter Vermittlung des UN–Vertreters weiterzuführen", betonte Gruevski. Eine Lösung zwischen Athen und Skopje zeichnet sich allerdings bisher nicht ab. Opposition und politische Analysten in Skopje warnen, dass Griechenland den Integrationsprozess Mazedoniens wieder stoppen könnte. Athen hatte Anfang des Jahres den Beitritt des Nachbarlandes in die NATO verhindert. "Man sagt nicht, wie wir die Beziehungen zu Nachbarländern verbessern sollen. Gilt diese Empfehlung nur für die Beziehungen zu Griechenland oder auch für Serbien, Bulgarien, Albanien und dem Kosovo?", fragt sich Tito Petkovski, Vorsitzender der Sozialdemokraten in Mazedonien. Weitere große Herausforderungen für Skopje sind Korruption, organisierte Kriminalität sowie Wirtschaftsprobleme.

Jadranka Kosor bei Jose Manuel Barroso in Brüssel
Ihr seid fast am Ziel - Jose Manuel Barroso und Jadranka KosorBild: AP

Für Kroatien öffnen sich die Türen

Mit ähnlichen Problemen hat auch Kroatien zu tun. Korruption, organisierte Kriminalität, Menschenrechte und der Grenzstreit mit Slowenien sind Hürden, die überwunden werden müssen, falls Kroatien 2012 neuestes EU-Mitglied sein will. Kroatien hat allerdings beste Noten und eine klare Beitrittsperspektive vor Augen. "Kroatien ist fast am Ziel“, sagte Olli Rehn und wies darauf hin, dass "die Reform des Justizsystems, der Kampf gegen Korruption und organisiertes Verbrechen energischer voran getrieben werden“ müssten. Premierministerin Jadranka Kosor zeigte sich überzeugt, dass schon im nächsten Jahresbericht nicht mehr über diese Probleme gesprochen und Kroatien bald das 28. Mitglied der EU sein werde.

Die anderen ohne großen Chancen – zunächst

Erweiterung Europäische Union
Die anderen müssen Geduld habenBild: AP

Der nächste EU-Beitrittskandidat könnte Montenegro heißen. Die EU-Kommission will noch in diesem Herbst eine Stellungnahme zu einem entsprechenden Antrag der Regierung vorlegen. Premierminister Milo Djukanovic verspricht, dass das kleinste Land in Südosteuropa die Empfehlungen für einen besseren Kampf gegen organisierte Kriminalität, Korruption und Stärkung der Verwaltung erfüllen wird.

Scharfe Kritik musste Bosnien-Herzegowina einstecken. Rehn beklagte, die anhaltenden Machtkämpfe zwischen serbischstämmigen, kroatischsprachigen und muslimischen Politikern behinderten den Aufbau eines funktionierenden Staatswesens. Fortschritte bescheinigte die Kommission dagegen Albanien und Serbien. Sie schlug zudem vor, die Europäische Union solle trotz des umstrittenen Status des Kosovo die Beziehungen zu Prishtina vertiefen. Das Kosovo haben bis jetzt 62 Länder anerkannt, darunter 22 EU-Mitglieder.

Autor: Bahri Cani

Redaktion: Bernd Johann