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Verhandlungen über den Status des Kosovo

Fabian Schmidt20. Februar 2006

Unter Vermittlung der UNO verhandeln ab Montag (20.2.) in Wien Vertreter des Kosovo und Serbiens darüber, ob die Provinz unabhängig wird oder Teil von Serbien-Montenegro bleibt. Bis Ende 2006 soll es geklärt sein.

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Teil Serbiens: Die Provinz KosovoBild: picture-alliance/ dpa

Die Positionen der Kosovo-Parlamentarier, die staatliche Unabhängigkeit fordern, sind unvereinbar mit der Position der serbischen Regierung in Belgrad, für die der Kosovo ein Teil Serbiens ist. "Wir bestehen auf der Formel: Mehr als Autonomie, weniger als Unabhängigkeit", sagt Außenminister Vuk Draskovic kategorisch. Das bedeute zwei Dinge: Erstens der Schutz der serbischen Minderheit in Kosovo und Metohija und der Kirchen und Klöster nach europäischen Standards, und zweitens den Erhalt der jetzigen serbischen Staatsgrenze mit Albanien und Mazedonien.

Mehr Informationen zu Serbien-Montenegro finden Sie in der DW-WORLD-Europakarte.

Völkerrechtlich unklar

Ob Draskovic sein Ziel erreichen kan, ist fraglich. Völkerrechtlich ist die Lage der Region nicht eindeutig: Der Kosovo war im sozialistischen Jugoslawien zwar administrativ eine autonome Region Serbiens, aber diese Region hatte einen besonderen verfassungsrechtlichen Status innerhalb des Gesamtstaates. Der Kosovo hatte dieselben Institutionen wie die sechs Bundesstaaten Jugoslawiens: ein eigenes Parlament, eigene Regierung, Gerichtsbarkeit und vor allem eine volle Vertretung in den zentralen Institutionen des Gesamtstaates.

Zerfall Jugoslawiens

Der serbische Präsident Slobodan Milosevic hatte 1989 unter Verletzung der Bundesverfassung die Autonomie des Kosovo abgeschafft, ein Polizeiregime in der Region errichtet und damit den Zerfall Jugoslawien eingeläutet. Die Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens und Kroatiens erfolgten unter dem direkten Eindruck von Milosevics gewalttätigem Vorgehen im Kosovo. Diesen Republiken folgten 1991 Bosnien und Herzegowina und Mazedonien in die Unabhängigkeit.

Hoffnung auf unbewaffneten Widerstand

Das Parlament des Kosovo ging nach der Abschaffung der Autonomie in den Untergrund und erklärte die Region zunächst zu einer Republik im jugoslawischen Staatsverbund, später dann, nach einem Referendum, für unabhängig. Bis 1997 herrschte im Kosovo parallel die serbische Zentralregierung und ein ethnisch-albanisch dominierter Untergrundstaat. Geführt wurde er von Ibrahim Rugova, der hoffte, durch gewaltfreien Widerstand die Region in die Unabhängigkeit zu führen.

Eingreifen der NATO

Rugova konnte jedoch die Eskalation der Gewalt nicht aufhalten. Seine gewaltfreie Strategie scheiterte 1998 mit dem Ausbruch von bewaffneten Kämpfen zwischen Kämpfern der schnell wachsenden Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) und serbischen Truppen. Unter dem Eindruck der Kriege in Kroatien und Bosnien-Herzegowina griff die NATO 1999 ein und erzwang nach einem dreimonatigen Bombenkrieg den Vertrag von Rambouillet und die Entsendung von NATO-Friedenstruppen in die Region.

UN-Resolution 1244

Die internationale Gemeinschaft trug der komplizierten völkerrechtlichen Situation des Kosovo Rechnung, indem sie in der UN-Resolution 1244 festlegte, dass der Kosovo ein Teil Jugoslawiens sei. In der Resolution, die Grundlage des Rambouillet-Vertrages war, wurde hingegen nicht auf Serbien Bezug genommen. Die internationale Kontaktgruppe hat zudem auf einem Treffen am 31. Januar 2006 festgehalten, dass Jugoslawien nicht mehr existiert.

Fatmir Sejdiu, Nachfolger von Rugova als Präsident des Kosovo, zeigte sich auch nach einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates am 14. Februar optimistisch, dass die internationale Gemeinschaft den Wunsch der kosovarischen Parlamentarier erfüllen werde: "Ich begrüße das Engagement aller Mitglieder des Sicherheitsrates", sagte Sejdiu. "Die Unabhängigkeit des Kosovo ist eine der denkbaren Möglichkeiten. Sie wird auch vom Willen des Volkes des Kosovo getragen", sagte Sejdiu.

Drohender Zerfall

Nun droht zudem dem Staatenverbund Serbien und Montenegro, der bis zuletzt die Rechtsnachfolge Jugoslawiens beansprucht hatte, der Zerfall. Am 25. Februar wird das montenegrinische Parlament in einer außerordentlichen Sitzung über ein Unabhängigkeitsreferendum entscheiden. Das könnte dann am 14. Mai, parallel zu den dortigen Wahlen, stattfinden. Falls sich aber Montenegro und Serbien trennen, wäre kaum zu erwarten, dass die internationale Gemeinschaft den Kosovo in einen Staatenverbund mit Serbien zwingt.

Die Statuslösung könnte somit von der internationalen Gemeinschaft gegen den Willen Belgrads entschieden werden. Vor einer solchen Entscheidung würde der Weltsicherheitsrat aber darauf bestehen, dass die Minderheiten des Kosovo, insbesondere die Serben, volle und umfassende Minderheitenrechte bekommen, und in den Institutionen des Landes vertreten sind. Die praktische Umsetzung und Sicherung dieser Rechte könnte somit zum Kern einer bedingten Unabhängigkeit unter internationaler Beobachtung werden.