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Verfassungsgericht pocht auf Sonntagsschutz

1. Dezember 2009

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass geöffnete Geschäfte am Sonntag gegen die grundgesetzliche Religionsfreiheit der Kirchen verstoßen. Geklagt hatten die Evangelische und die Katholische Kirche.

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Als erstes Bundesland hatte Berlin den Ladenschluss weitgehend freigegeben (Foto: dpa)
Als erstes Bundesland hatte Berlin den Ladenschluss weitgehend freigegebenBild: picture-alliance/ dpa

Die Erlaubnis für Einzelhandelsgeschäfte in Berlin, an allen vier Adventssonntagen zu öffnen, ist verfassungswidrig. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil. Das entsprechende Gesetz verletze das Recht der Kirchen auf Religionsfreiheit, sagte Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier am Dienstag (01.12.2009) bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe.

"Besonderer verfassungsrechtlicher Schutz des Sonntags"

Ein Plakat weist auf die verlaengerten Ladenöffnungszeiten hin (Foto: AP)
Der Ladenschluss wurde in den vergangenen Jahren immer weiter ausgeweitetBild: AP

Das Verbot greift allerdings erst ab dem Jahr 2010. Im laufenden Jahr darf der Einzelhandel noch an den Adventssonntagen verkaufen. Die Geschäfte in der Bundeshauptstadt durften seit 2006 an zehn Sonntagen zwischen 13 und 20 Uhr öffnen. Dagegen hatten die evangelische und die katholische Kirche geklagt.

Das oberste deutsche Gericht begründete seine Entscheidung mit dem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz des Sonntags: "Grundsätzlich hat die typische werktägliche Geschäftigkeit an Sonn- und Feiertagen zu ruhen", heißt es in dem Grundsatzurteil. Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage sind danach in Deutschland nur ausnahmsweise zulässig.

Evangelische Kirche begrüßt die Entscheidung

Katrin Göring-Eckardt (Foto: dpa)
Katrin Göring-EckardtBild: dpa

Die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Katrin Göring-Eckardt, begrüßte das Urteil. Es sei ein eindeutiges Signal gegen den Kommerz und für den Sonntag als gemeinsamen Ruhetag für alle, sagte Göring-Eckardt nach der Verkündung des Urteils im ZDF. Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) reagierte erfreut. ZdK-Präsident Alois Glück sagte, das Ladenschluss-Urteil sei ein deutliches Zeichen gegen die "totale Ökonomisierung unserer Gesellschaft".

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nannte das Urteil eine gute Nachricht für die Beschäftigten. Die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Margret Mönig-Raane sagte, Arbeitnehmer könnten in Zukunft den Sonntag mit ihren Familien genießen und würden entlastet. Ruhepausen seien "ein elementarer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens".

Einzelhandelsverband zeigt sich gelassen

Der Einzelhandelsverband HDE reagierte gelassen auf das Verbot der verkaufsoffenen Adventssonntage. "Wir sind nicht geschockt, wir können mit dem Urteil leben", sagte HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr nach der Urteilsverkündung. Der Verband beabsichtige nicht, am Gebot der Sonntagsruhe zu rütteln. In gut begründeten Fällen werde es allerdings weiterhin möglich sein, Geschäfte auch sonntags zu öffnen.

Berlin hat im Vergleich zu anderen deutschen Bundesländern die liberalste Regelung der Ladenöffnungszeiten. Von dem Urteil wird nun erwartet, dass es auch für andere Bundesländer Signalwirkung entfaltet. Die Länder sind seit der Föderalismusreform zuständig für die Regelung der Ladenöffnungszeiten.

Autorin: Brigitta Moll (dpa, epd)

Redaktion: Dirk Eckert