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Gegen Elend von Krieg und Gewalt verbünden

Christoph Strack15. Juni 2016

Bundespräsident Gauck dankte Lutheranern aus aller Welt für ihr Engagement für Flüchtlinge. Der Rat des Lutherischen Weltbundes enthüllte Kunst und blickte auf das Reformationsjahr. Aus Wittenberg Christoph Strack.

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Joachim Gauck enthüllt das "Himmelskreuz" im Luthergarten in Wittenberg, Foto: dpa
Bild: DW/C.Strack

Nun hat Wittenberg ein "Himmelskreuz". Bundespräsident Joachim Gauck weihte die Skulptur am Dienstag gemeinsam mit den Spitzen des Lutherischen Weltbundes (LWB) ein. Nun habe die Lutherstadt Wittenberg "zusätzlich eine moderne Attraktion", sagte er und zitierte aus seinem Gespräch mit dem Künstler Thomas Schönauer. Der möchte mit dem mächtigen, auf Säulen nahezu schwebenden Kreuz die Frage nach dem Sinn des Lebens anstoßen.

Elf Meter breit und 15 Meter lang ist das aus Aluminium und Edelstahl konstruierte "Himmelskreuz", Teil des nun fertiggestellten "Luthergartens". Es ist eine weitere Attraktion des Städtchens an der Elbe, in der Martin Luther (1483-1546) gegen Rom und den Papst aufstand. Wittenberg hofft im Jubiläumsjahr der Reformation, das am 31. Oktober beginnt, auf viele hunderttausend Besucher.

Für den Lutherischen Weltbund ist das Kreuz ein ökumenisches Zeichen. In dem umliegenden Garten haben mehr als 300 Kirchen unterschiedlichen Bekenntnisses Bäume gepflanzt. "Ein einzigartiges Symbol der weltweiten Verbundenheit der Kirchen untereinander und mit Wittenberg", so Norbert Denecke vom deutschen LWB-Komitee.

Der frühere evangelische Pastor Gauck dankt den Lutheranern für ihr weltweites Engagement in der Flüchtlingshilfe, Foto: dpa
Weltweites Engagement für Flüchtlinge: Joachim Gauck, früher selbst Pastor, dankt den LutheranernBild: DW/C.Strack

Streitpunkt Frauenordination

Dem 1947 gegründeten Weltbund gehören 147 Kirchen in 98 Ländern mit mehr als 73 Millionen Christen an. Seine Ratstagung 2016 mit ökumenischen Schwerpunkten legte der LWB bewusst nach Wittenberg und ludt Gäste aus anderen Kirchen ein: den Ökumeneminister des Papstes beispielsweise, Kardinal Kurt Koch, und den Generalsekretär des Weltkirchenrats, Olav Fykse Tveit. Über Konfessionsgrenzen hinweg prognostizierten sie zuversichtlich eine weitere Annäherung der Kirchen und riefen zum ökumenischem Engagement gegen den Klimawandel und für Flüchtlinge auf.

Und da war noch ein Thema. Die vor wenigen Wochen erfolgte Abkehr der Lutheraner in Lettland von der Frauenordination wühlt viele auf. 80 Prozent der Mitgliedskirchen ordinierten mittlerweile Frauen, sagt LWB-Generalsekretär Martin Junge. Die rund 200 Delegierten würden das Thema bei den bis 21. Juni dauernden Beratungen sicher erörtern.

Die Erzbischöfin der Lutherischen Kirche Schwedens, Antje Jackelen, wurde deutlicher. Der lettische Beschluss "wirft uns weit zurück", sagte sie vor Beginn des Treffens. Sie wolle ihre eigene Position zur Frauenordination deutlich machen. Jackelen, gebürtige Deutsche und seit langem in Skandinavien tätig, hat Einfluss im LWB. Ende Oktober empfängt sie in Lund, am Gründungsort des Weltbundes, Papst Franziskus zu einer mit Spannung erwarteten Begegnung.

Deutschland und die Reformation

In der Stadtkirche, in der einst Martin Luther predigte, wandte sich Gauck offiziell an die LWB-Ratsmitglieder aus aller Welt, von denen viele erstmals den Ausgangsort der Reformation besuchen. "Deutschland wäre ohne die Reformation ein anderes Land, ja, es gäbe wahrscheinlich Deutschland ohne die Reformation nicht", so Gauck.

15 Meter lang und elf Meter breit ist das aus Aluminium und Edelstahl gefertigte Himmelskreuz, Foto: dpa
Fast sieht es aus, als würde es schweben: das "Himmelskreuz" aus Aluminium und EdelstahlBild: picture-alliance/dpa/H.Schmidt

Und der frühere evangelische Pastor Gauck dankte den Lutheranern für ihr weltweites Engagement in der Flüchtlingshilfe. "Tätige Nächstenliebe" verlange danach, sich mit anderen, auch mit Christen anderer Bekenntnisse, "gegen das Elend von Krieg und Gewalt zu verbünden".

Gauck sagte das in der typisch ostdeutschen Kleinstadt Wittenberg. Am Morgen berichteten Medien über Vorurteile gegen Ausländer - im Osten des Landes sind sie etwas verbreiteter als im Westen, belegt eine aktuelle Studie, aber groß sind die Unterschiede nicht. Dennoch verstört es, wenn da ein Mann an der Schlosskirche vorbeiradelt und über die Straße ruft: "Scheiß-Wirtschaftsflüchtlinge!" Die Polizei scheint besonders präsent, wie häufig bei Terminen politischer Spitzenvertreter im Osten. Gauck fährt die wenigen hundert Meter zwischen Stadtkirche und Luthergarten in einer gepanzerten Limousine.

In knapp fünf Monaten aber beginnt das Jubiläumsjahr der Reformation. Da erwartet das Städtchen an der Elbe Gäste aus aller Welt.