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Venezuelas Opposition ist zurück im Parlament

6. Januar 2011

Nach fünf Jahren ist in Venezuela die Opposition wieder im Parlament vertreten. Rund 40 Prozent der im September 2010 gewählten Parlamentarier gehören der Opposition an.

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Die Parlamentarier bei der ersten Sitzung der neuen Nationalversammlung, von oben fotografiert (Foto: ap)
Die Parlamentarier singen die Nationalhymne VenezuelasBild: AP

Die Nationalversammlung ist am Mittwoch (05.01.2011) zu seiner ersten Sitzung der Legislaturperiode zusammengekommen. Von den insgesamt 165 Abgeordneten gehören 98 der sozialistischen Partei von Präsident Hugo Chávez an. 65 Parlamentarier sind Mitglieder des Oppositionsbündnisses "Tisch der Demokratischen Einheit". Zwei Parlamentarier vertreten die unabhängige Partei "Vaterland für Alle".

Proteste bei der ersten Sitzung

Polizisten gehen dicht nebeneinaner und riegeln eine Straße ab (Foto: ap)
Die Polizei riegelte die Straßen vor dem Parlament abBild: AP

Zu Beginn der ersten Sitzung sangen die Parlamentarier die Nationalhymne. Anschließend hielten sie ihre Eröffnungsreden. Die wurden begleitet von lauten Rufen und Gegenrufen von Chávez-Anhängern und Chávez-Gegnern. Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich Anhänger beider Seiten zu Demonstrationen. Die Polizei riegelte zahlreiche Straßen ab.

In den vergangenen fünf Jahren waren kaum Oppositionspolitiker im Parlament vertreten. Sie hatten die Wahlen 2005 boykottiert. Nun sprachen Anhänger der Opposition von einem "historischen Tag", an dem die Pluralität in das venezolanische Parlament zurückkehre. Durch die neue Zusammensetzung der Nationalversammlung fehlt Hugo Chávez nun die Zweidrittelmehrheit, die für einige Gesetzesänderungen und die Ernennung von Richtern am Obersten Gericht von Venezuela nötig sind.

Parlament mit wenig Macht

Hugo Chávez spricht in ein Mikrofon und hält ein goldenes Schwert in der Hand (Foto: ap)
Chávez spricht vor seinen Anhägern mit einem Schwert von Unabhängigkeitskämpfer Simón Bolívar in der HandBild: AP

Hugo Chávez wird trotz der veränderten Situation im Parlament weitgehend nach seinem Willen regieren können, denn das alte Parlament hatte Chávez noch im Dezember zum vierten Mal das Recht gewährt, per Dekret zu regieren. Damit kann er Entscheidungen an dem Parlament vorbei treffen. Diese Sondervollmacht gilt für eineinhalb Jahre. Zudem hatten die Abgeordneten Gesetze verabschiedet, die den Kritikern weniger Rechte einräumen. So schränkt eines der Gesetze die Inhalte von Internetseiten und die Berichterstattung von Medien ein. Ein anderes Gesetz besagt, dass Abgeordnete, die ihre Partei wechseln, bestraft werden. Damit möchte die Regierung ihre Macht erhalten.

Hugo Chávez ist seit rund zwölf Jahren venezolanischer Staatspräsident. 2012 sind die nächsten Präsidentschaftswahlen, zu denen er wieder antreten möchte. Seine Beliebtheit in der Bevölkerung ist allerdings wegen der hohen Kriminalitätsrate und der anhaltendenen Wirtschaftskrise zurückgegangen.

Verhältnis zu den USA bleibt vermutlich schwierig

Ob sich das Verhältnis von Venezuela zu den USA durch die neue Zusammensetzung der Nationalversammlung verbessert, erscheint fraglich. Die Beziehungen sind bereits seit Jahren gespannt. Venezuela hat enge Verbindungen zu Gegnern der US-Regierung wie dem Iran, Kuba und Syrien. Zudem wirft Chávez den USA Imperialismus vor. Vor rund einem halben Jahr hatte sich die Lage verschärft, als Chávez den frisch ernannten US-Botschafter Larry Palmer abgelehnt hatte. Grund dafür waren Äußerungen Palmers, nach denen Venezuela linksgerichtete Guerilla-Kämpfer aus Kolumbien beherberge und die venezolanische Armee unter kubanischem Einfluss stehe. Als Reaktion auf die ablehnende Haltung Venzuelas haben die USA dem venezolanischen Botschafter in Washington die Aufenthaltserlaubnis entzogen.

Die Parlamentarier in der Nationalversammlung stehen und haben ihre rechte Hand zum Schwur erhoben (Foto: ap)
Oppositionspolitiker bei der ersten Sitzung der aktuellen NationalversammlungBild: AP

Am Dienstag (04.01.2011), nur einen Tag vor der ersten Sitzung der neuen Nationalversammlung, sagte der venezolanische Staatschef in einer im Fernsehen übertragenen Kabinettssitzung, welche US-Botschafter er akzeptieren würde. Die Vorschläge scheinen allerdings nicht wirklich ernst gemeint zu sein. So schlug Chávez den US-Filmemacher Oliver Stone vor, der den Staatschef von Venezuela kürzlich in einem Film porträtiert hatte. Weitere Wunschkandidaten sind der Schauspieler Sean Penn und der linke Philosoph und Sprachforscher Noam Chomsky, dessen Werke Chávez mehrfach gelobt hatte. Der letzte Kandidat auf seiner Liste ist Ex-US-Präsident Bill Clinton. Über dessen Ehefrau, US-Außenministerin Hillary Clinton, ließ er ihm kürzlich erst Grüße übermitteln.

Hugo Chávez und Hillary Clinton gebe sich die Hand (Foto: ap)
Hillary Clinton und Hugo Chávez reichen sich die HandBild: AP

Hugo Chávez und Hillary Clinton waren sich bei der Vereidigung von Brasiliens neuer Präsidentin Dilma Rousseff am Samstag (01.01.2011) über den Weg gelaufen und hatten sich lächelnd die Hand gegeben. Rund fünf Minuten hatten sich beide unterhalten. Chávez erklärte später im venezolanischen Staatsfernsehen, dass sie sich begrüßt und über "ein paar Sachen" gesprochen häten. "Es war ein sehr angenehmer Moment, aber wir haben ihn auch dazu genutzt, über zwei, drei aktuelle Themen zu sprechen", so Chávez.


USA schließen anderen Botschaftskandidaten nicht aus

US-Außenamtssprecher Philip Crowley an einem Rednerpult (Foto: Ralph Alswang)
US-Außenamtssprecher Philip CrowleyBild: cc-by-nd/Ralph Alswang

Die USA habe zwar die Ernennung des Diplomaten Larry Palmer nicht zurückgezogen, seine Ernennung laufe aber mit dem Zusammenkommen des neuen Kongresses aus, erklärte US-Außenamtssprecher Philip Crowley am Montag (03.01.2011). Auf die Frage, ob es einen anderen Kandidaten als Palmer gebe, sagte Cowley: "Wissen Sie, es gibt Fragen, die wir mit dem neuen Jahr bewerten werden."

Grundsätzlich sei Washington an guten Beziehungen zu Venezuela interessiert. Dazu seien unter anderem Botschafter notwendig, "die uns helfen, diesen Dialog zu organisieren", so Crowley.

Autor: Marco Müller (dpa, afp, ap)
Redaktion: Oliver Pieper