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USA in Afghanistan

14. Mai 2011

Für die USA ist der Krieg in Afghanistan noch lange nicht vorbei, sagt USA-Experte Henning Riecke. Der Tod von Bin Laden ändere nichts an den Zielen Washingtons in der Region, erklärt er im Interview mit DW-WORLD.DE.

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Portrait Henning Riecke, USA-Experte, Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (Foto: DW/Arif Fahramand)
Henning Riecke, USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)Bild: DW/Arif Fahramand

DW-WORLD.DE: Für manche ist nach dem Tod von Osama Bin Laden auch die Mission der USA in Afghanistan zu Ende. Sieht Washington das auch so?

Henning Riecke: Nein, ganz bestimmt nicht. Denn es ging den Amerikanern nicht nur darum, Osama Bin Laden zu fangen, sondern auch zu verhindern, dass es Rückzugsgebiete für terroristische Gruppierungen in der Region gibt. Ich kann mir aber vorstellen, dass es jetzt leichter wird, einen Keil zwischen die Taliban und Al-Kaida zu treiben. Das ist zumindest eine gute Grundbedingung für eine politische Lösung in Afghanistan.

Kein Rückzugsgebiet für Terroristen - ist das der Grund, warum die Amerikaner von einer dauerhaften Stationierung der US-Soldaten in bestimmten Gebieten Afghanistans sprechen?

US-Soldaten in Afghanistan auf einer Straße (Foto: AP)
US-Präsenz in vielen Teilen AfghanistansBild: AP

Wie lange die Amerikaner Militärbasen in Afghanistan behalten, hängt davon ab, wie sich die Lage in Afghanistan entwickeln wird. Auch in Amerika ist meiner Meinung nach allen klar, dass man nicht gegen den Willen der afghanischen Nachbarländer in diesem Land agieren kann. Die Amerikaner wissen, dass sie klar machen müssen: Das US-Engagement in Afghanistan ist ein zeitlich begrenzter Einsatz. Für eine politische Lösung des Konfliktes in Afghanistan sind die USA auf die Zusammenarbeit der regionalen Mächte angewiesen.

Pakistan ist eine solche regionale Macht. Islamabad und Washington haben aber zurzeit nicht die besten Beziehungen - wie sollten die USA mit Pakistan umgehen?

Amerika hat sehr lange auf sehr unterschiedliche Weise Beziehungen zu Pakistan gehabt und hat dabei sicherlich auch manche Kröte schlucken müssen. Der Umstand, dass in Pakistan vermutlich Teile des pakistanischen Geheimdienstes Al-Kaida und Taliban unterstützen, hat natürlich zu einem Zerwürfnis zwischen den USA und Pakistan geführt. Ich glaube, dass die Amerikaner versuchen, etwas mehr Druck auf die Pakistaner auszuüben. Gleichzeitig wissen sie aber auch: Wenn dieser Druck zu groß wird und die schwache Regierung in Islamabad den Boden unter den Füßen verliert, dann ist der Schaden viel größer. Denn dann würden sich möglicherweise islamistische Kräfte durchsetzen und die immer noch teilweise pro-westlichen Eliten zur Seite drängen. Und das möchte auch Amerika nicht.

Haben ihrer Meinung nach die USA neben einer Stabilisierung Afghanistans und Pakistans auch ein Interesse daran, über ihre Militärbasen in dieser rohstoffreichen Region dauerhaft präsent zu sein?

Weibliche Demonstranten mit Plakaten gegen US-Drohnen (Foto: dapd)
USA überwachen Pakisten aus der Luft mit unbemannten Drohnen - das gefällt dort vielen nichtBild: dapd

Die Amerikaner haben ein Interesse daran, den Terrorismus und gewaltbereite Islamisten zu bekämpfen, die Rückzugsgebiete in Afghanistan und Pakistan haben. Dafür brauchen sie aber Militärbasen vor Ort. Das wird sicherlich auch so lange dauern, wie Pakistan instabil und in gewisser Weise ein schwieriger Partner ist. Ich glaube, dass die geostrategischen Überlegungen demgegenüber zweitrangig sind. Denn mit militärischer Macht, das weiß inzwischen jeder, sichert man sich keine Rohstoffquellen mehr. Dazu müssen sauberes Taktieren auf den Märkten und wirtschaftliche Angebote zusammenkommen. Und wenn es um Militäreinsätze und die strategische Verlegung nach Afghanistan geht: Da ist doch dieses Land nicht der zentrale Knotenpunkt. Die USA können ihre Interessen auch aus dem asiatisch-pazifischen Raum durchsetzen, wo sie Flugzeugträger haben oder auch Verbündete, die ihnen dafür Raum geben werden.

Dr. Hennig Riecke ist Programmleiter USA/Transatlantische Beziehungen bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).

Das Interview führte: Ratbil Shamel

Redaktion: Ana Lehmann