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USA verlieren Solidarität

30. August 2002

Die Meinungen zu einem Krieg der USA gegen den Irak gehen weit auseinander. Die weltweite Ablehnung überwiegt bei weitem, auch in Deutschland.

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Unterwegs als Falke: Vizepräsident Cheney will den Angriff auf den IrakBild: AP

In Deutschland hat Bundesaußenminister Joschka Fischer hat dem Unions- Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber einen Zick-Zack-Kurs in der Irak-Frage vorgeworfen. Stoibers Kurs ist wohl der Wahlkampftaktik geschuldet. Nach der rot-grünen Bundesregierung war auch Stoiber am Mittwoch (29.8.2002) erstmals auf Distanz zur US-Administration unter Präsident George W. Bush gegangen. Regierung und Opposition sind sich damit einig gegen den Krieg.

Breite Ablehnung in Deutschland

Neben SPD, Grünen und Union stellte sich auch die FDP klar gegen einen Präventivschlag gegen den Irak. Der FDP-Bundestagsfraktionschef Wolfgang Gerhardt forderte, Europa müsse als ganzes den USA eine Antwort geben, die das völkerrechtliche Gewaltmonopol der Vereinten Nationen sichere und einseitige Aktionen verhindere. Der frühere Außenminister Klaus Kinkel sagte, wenn alle diplomatischen und politischen Bemühungen scheiterten, wäre allenfalls ein europäisches Gesamtvorgehen denkbar. Kinkel fügte hinzu, er halte einen US-Militärschlag für wahrscheinlich, da die Amerikaner entschlossen seien.

Der SPD-Fraktionsvize Gernot Erler warnte gar vor einer Krise der transatlantischen Beziehungen und dem Bruch der weltweiten Anti-Terror-Koalition. Dazu könnte es kommen, "wenn die USA die guten Argumente nicht in Rechnung stellen." Der Politikforscher und Außenpolitikexperte Karl Kaiser von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik bezweifelte in einem Radiointerview, dass Saddam eine Unterstützung des Terrorismus nachzuweisen sei. Der Irak entwickle jedoch chemische und biologische Waffen und habe sein Nuklearprogramm wieder aufgenommen. Kaiser betonte, mit Krieg sei das Problem nicht zu lösen.

Europa uneins, Großbritanniens Rolle unklar

Auch Frankreichs Präsident Jacques Chirac ist sich mit der deutschen Regierung einig, dass es in der Irak-Frage keine nationalen Einzellösungen geben dürfe. Stoiber hatte darüber in einem Telefonat mit Chirac gesprochen. Frankreich hatte und hat in seinem Ex-Mandatsgebiet Irak zudem starke Geschäftsinteressen.

Stoiber bei Chirac
Bild: AP

Um eine Rückkehr der UN-Waffeninspektoren nach Irak zu erreichen, erwägt die britische Regierung derzeit ein Ultimatum an Bagdad. Eine entsprechende Empfehlung eines Parlamentsausschusses vom Juni solle geprüft und mit den Verbündeten besprochen werden, erklärte das Londoner Außenministerium am Donnerstag. Die Regierung von Premierminister Tony Blair stimmt derzeit mit Washington darin überein, dass Irak an der Entwicklung und am Besitz von Massenvernichtungswaffen gehindert werden muss.

Dem schloss sich auch Belgiens Außenminister Louis Michel in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview an. Wenn der Irak nicht reagiere, werde es "für Europa sehr schwierig werden, voll und ganz gegen einen Präventivschlag zu sein", zitierte die belgische Tageszeitung De Standaard Michel weiter.

Warnende Stimmen aus der arabischen Welt

Pervez Musharraf
Bild: AP

Der pakistanische Präsident Pervez Musharraf hat die USA vor einem Krieg gegen den Irak gewarnt. Ein solcher Krieg werde "sehr negative Auswirkungen" in der islamischen Welt haben, sagte der Militärmachthaber am Donnerstag in einem Rundfunkinterview. Im Krieg gegen den Terrorismus stehe er zwar an der Seite Amerikas, einen Angriff auf Bagdad halte er aber für falsch. Es sei sehr gefährlich, dass im Moment an allen politischen Konflikten rund um die Welt Moslems beteiligt sind, sagte er. Ein Krieg gegen den Irak werde anti-amerikanische Gefühle unter Moslems verstärken und Osama bin Laden und anderen Extremisten neuen Zulauf bringen.

Kritisch hatte sich in den vergangenen Wochen auch Ägyptens Präsident Hosni Mubarak geäußert. Auch Saudi-Arabien, das den größten US-Stützpunkt im Nahen Osten beherbergt, ist auf Distanz zu dem großen Verbündeten gegangen. Ein Angriff der Amerikaner von dort gilt mittlerweile als unwahrscheinlich, weshalb die US-Streitkräfte zunehmend auf ihre Basis in Katar setzen.

Zeitung: Angriff im November

Der US-Angriff auf den Irak soll spätestens bis Ende November beginnen. Dies berichtete die israelische Tageszeitung Maariv am Donnerstag unter Berufung auf einen angeblichen Angriffsplan, den zwei US-Generäle kürzlich israelischen Kollegen übergeben haben sollen. Nach Angaben der Zeitung, die nach eigenen Angaben im Besitz dieses Plans ist, sei die Zerstörung des Regimes von Saddam Hussein und die Tötung Saddams das erklärte Ziel des Angriffs.

Irak: Diplomatie und Dialog

Irak: Präsident Saddam Hussein während eines Treffens mit dem Militär in Baghdad
Bild: AP

Präsident Saddam Hussein hat bei einem Treffen mit den wichtigsten irakischen Militärs in Bagdad über die amerikanische Drohung eines Militärangriffs gesprochen. Das berichtete der arabische TV-Sender El Dschasira am Donnerstag. Vizepräsident Taha Jassin Ramadan hatte zuvor bei einem Besuch in der syrischen Stadt Homs erklärt, es existierten immer noch diplomatische Lösungen, um einen eventuellen Angriff der USA abzuwenden. Laut der syrischen Nachrichtenagentur SANA sagte Ramadan, der Dialog zwischen dem Irak und den Vereinten Nationen sei noch nicht gescheitert, allerdings übe Washington Druck aus, um diesen Dialog zu behindern. (dk)