USA und Indien: komplizierte Atompolitik
11. April 2010Indien gehört zu den wenigen Staaten, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet haben. Unter den gegebenen Umständen ist dies auch nicht möglich, erklärt Meera Shankar, Indiens Botschafterin, vor dem Atomgipfel Anfang kommender Woche (12.04.2010) in Washington. Denn Indien ist im Besitz von Atomwaffen - und nicht gewillt, sie zu verschrotten.
Abrüstung ja, abrüsten nein
Shankar weist aber darauf hin, dass das Land sich "stets an die Regeln des Vertrages gehalten habe, wie sie für Atomwaffenstaaten gelten". Indien habe niemals Atomwaffen an einen anderen Staat weitergegeben. Außerdem "haben wir zivile Nukleartechnologie, die auch militärisch genutzt werden könnte, nur unter Kontrolle der internationalen Atomenergiebehörde weitergegeben", ergänzt die Botschafterin. Man bleibe der weltweiten nuklearen Abrüstung verpflichtet: "Wir glauben, dass die Welt ohne Atomwaffen sicherer wäre."
1974 hat das Land zum ersten Mal eine Atomwaffe getestet – und geriet dadurch prompt in die Isolation. Erst zwei Jahre ist es her, als unter dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush ein bilaterales Abkommen unterzeichnet wurde, das den indischen Atomenergiemarkt für US-Firmen öffnet. Die Bedingung: Der militärische und der zivile Teil des Atomprogramms müssen strikt getrennt werden. Ende März wurden jetzt weitere Details des Deals ausgehandelt. Die indische Regierung hat angeboten, den Bau zweier Atomkraftwerke auszuschreiben, an denen sich US-Firmen beteiligen können. "Das bietet ein großes [wirtschaftliches] Potential", erklärt Botschafterin Shankar, "denn Indien will sein ziviles Atomprogramm ausweiten, um den enorm gestiegenen Energiebedarf zu decken und gleichzeitig den Bedenken wegen der globalen Erwärmung Rechnung zu tragen."
"Gute Beziehungen mit dem Iran"
Doch Indiens Pläne, den Energiebedarf des Landes sicherzustellen, gehen noch weiter: Durch eine Pipeline soll Erdgas aus dem Iran über Pakistan nach Indien geleitet werden. Die Inder zogen sich von dem Projekt im letzten Jahr allerdings wieder zurück. Das Projekt werde weiter diskutiert, sagt Botschafterin Shankar, aber es gebe noch viele Fragen die geklärt werden müssten. Zum einen gefällt den Indern nicht, dass die Pipeline durch das Gebiet des Erzrivalen Pakistan führt. Zum anderen sind die Amerikaner wenig begeistert davon, dass Indien ausgerechnet mit dem Land Geschäfte macht, das nach Ansicht der internationalen Gemeinschaft an einer Atombombe baut.
"Wir haben gute Beziehungen mit dem Iran", betont Botschafterin Shankar, und zwar seit vielen Jahren. Allerdings müsse der Iran die Auflagen des Atomwaffensperrvertrags erfüllen, fordert sie, und Indien habe das auch durch ein entsprechendes Votum im Rahmen einer Abstimmung der Internationalen Atomenergiebehörde deutlich gemacht. Aber um diese Fragen, betont Meera Shankar, soll es offiziell bei dem Nukleargipfel in Washington in der nächsten Woche ja gar nicht gehen. Das Ziel dort lautet, Mittel und Wege zu finden, Atomwaffen so zu sichern, dass sie nicht in falsche Hände geraten können.
Dass Indien das Atomwaffenteststoppabkommen nicht unterzeichnet hat, wird die US-Regierung offiziell wohl noch eine Weile hinnehmen. Schließlich gehören die USA zwar zu den Unterzeichnerstaaten. Aber es fehlt noch immer die Ratifizierung durch den amerikanischen Senat. Ehe dieser Akt nicht vollzogen ist, gewähren die USA auch Indien noch eine Schonfrist. Und man begnügt sich damit, dass Indien so tut als ob. Die Position Indiens jedenfalls bleibe die bekannte, erklärt Botschafterin Shankar: "Wir haben ein freiwilliges und einseitiges Moratorium für unsere Atomwaffenverhängt und daran wird sich auch nichts ändern."
Autorin: Chrtistina Bergmann, Washington
Redaktion: Annamaria Sigrist