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USA: scharfe Kritik an der Deutschen Bank

30. Juli 2010

In der US-Metropole Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin stehen wegen der Immobilenkrise tausende Häuser leer und verfallen. Die Bürger machen dafür auch die Deutsche Bank verantwortlich.

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Grafitti an einem leer stehenden Haus in Milwaukee: Get Money.
Grafitti an einem leer stehenden Haus in MilwaukeeBild: DW/B.Hammer

Die Leute von Milwaukee sind stolz auf ihre Stadt. Sie liegt am Lake Michigan, es gibt viele Parks und erstklassige Restaurants. Doch die Finanzkrise hat die Stadt schwer mitgenommen. Tausende Häuser wurden zwangsgeräumt, weil die Inhaber ihre Kredite nicht mehr bezahlen konnten.

Drogendealer sind in einige Anwesen gezogen. Viele Straßen sind verkommen, oft steht jedes zweite Haus leer. Besonders deutlich wird das im Viertel Sherman Park. An der 51. Straße gibt es einen Laden, der "Milch und Honig“ heißt. Aber Milch und Honig hat die Gegend schon lange nicht mehr gesehen.

“No Money”

Zwangsversteigert, leer, verfallend: ein Haus in Milwaukee
Zwangsversteigert, leer, verfallendBild: DW/B.Hammer

Eines der leeren Häuser ist mit Graffiti beschmiert: "No Money“ steht an der Wand. Das Gras steht einen halben Meter hoch. Auf der Veranda liegen Gratisblätter. Der Zeitungsjunge teilt sie noch aus, aber es gibt niemanden mehr, der sie aufhebt. Das Haus war einmal 100.000 US-Dollar wert. Weil das ganze Stadtviertel zerfällt, sank der Preis auf 10.000 Dollar.

"Ich habe das Gefühl, dass ich diese Gegend verlassen muss“, sagt Dolly Turnbull, die seit 31 Jahren in Sherman Park lebt. "Aber wenn wir gehen, was bleibt dann noch?“

Aufgebrachte Bürger attackieren die Deutsche Bank
Dolly Turnbull (links) und ihre Nachbarn sind wütendBild: DW/B.Hammer

Vor drei Monaten nahm die Geschichte eine Wende. Die Bewohner von Milwaukee richteten ihren Blick ins ferne Deutschland. Sie beschuldigen die Deutsche Bank, mitverantwortlich zu sein für die Misere. Eine Ironie der Geschichte sei es da, dass es vor allem deutsche Einwanderer waren, die Milwaukee seit dem 19. Jahrhundert aufbauten.

Die Politikprofessorin Susan Giaimo reiste im Mai nach Frankfurt zur Aktionärsverhandlung der Deutschen Bank. Im Gepäck hatte sie einen Satz, der Aufsehen erregen sollte: "Deutsche haben Milwaukee aufgebaut und jetzt ist die Deutsche Bank dabei, Milwaukee zu zerstören.“

Deutsche Bank in Immobilienkrise verstrickt

Giaimo engagiert sich in der Organisation Common Ground. Nach Ansicht des Bürgervereins ist die Deutsche Bank tiefer in die Immobilienkrise verstrickt, als sie bislang zugeben wollte. Die Bank kaufte Pakete von Hypotheken auf und verkaufte sie weiter an Investoren. Und sie fungiert als Treuhänder für tausende Häuser in Milwaukee. Viele davon wurden bereits zwangsgeräumt oder sind von Räumung bedroht.

Nach Angaben der Deutschen Bank verwaltet das Unternehmen eine Million Häuser in den USA treuhänderisch. Für Common Ground erwächst daraus eine Verantwortung, sich um die verfallenden Häuser zu kümmern. "Die Banken haben mit Krediten viel Geld verdient“, sagt Giaimo. "Jetzt müssen wir sie in die Pflicht nehmen.“

Milwaukee Haus leerstehend USA Bank Zwangsversteigerung
Zeichen des VerfallsBild: DW

Die Deutsche Bank sagt, man könne nicht viel unternehmen. Sie sagt das wohl auch, weil der Hypothekenmarkt in den USA mehr als unübersichtlich ist. So gibt es Investoren, die große Hypothekenpakete kaufen. Es gibt Treuhänder, die die Pakete verwalten und zumindest nach dem Gesetz besitzen. Und es gibt Dienstleister, die sich darum kümmern, die Zinsen einzutreiben oder geräumte Häuser zu betreuen.

Als Treuhänder seien ihr die Hände gebunden, sagt die Deutsche Bank. Wenn man zu viel Druck auf Investoren und Dienstleister ausübe, sei dies sogar illegal. Doch so einfach ist die Sache nicht. Denn es ist der Name der Deutschen Bank, der auf Räumungsbescheiden steht.

Müll, Gras und kaputte Fensterscheiben

Bei einem Treffen im Juli versuchte die Stadt Milwaukee eine Lösung zu finden. Alle großen Banken kamen zu Gesprächen ins Rathaus, auch die Deutsche Bank.

Wenn es nach der Stadt Milwaukee geht, dann machen die Dienstleister einen schlechten Job. Es geht um Müll, ungemähtes Gras oder zerbrochene Fensterscheiben. Die Stadt listet tausende Vergehen auf. Die Häuser mit den meisten Regelverstößen werden von der Deutschen Bank verwaltet.

Milwaukee Haus leerstehend USA Bank Zwangsversteigerung
Wenn Häuser verfallen, sinkt auch der Wert anderer GrundstückeBild: DW

Michael Murphy, Stadtrat in Milwaukee, will, dass sich die Banken endlich um die Häuser kümmern. "Wir verlangen doch nicht zu viel von den Geldinstituten“ sagt er. "Die US-Regierung hat die Banken in der Krise unterstützt, jetzt müssen wir uns auch noch um die verlassenen Häuser kümmern.“

In den kommenden Wochen könnte Bewegung in den Konflikt kommen. Die Deutsche Bank hat versprochen, mit den Dienstleistern zu reden. Diese sollen sich besser um die Häuser und die Stadt kümmern. Die Bank will auch über Pläne reden, in Milwaukee zu investieren.

Die Stadt Milwaukee will den Banken nun sechs Wochen Zeit geben, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Ansonsten werde man über neue Gesetze nachdenken.

Autor: Benjamin Hammer

Redaktion: Andreas Becker