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USA probieren es mit Kuschelkurs

11. Mai 2010

Afghanistans Präsident Karsai besucht in dieser Woche Washington. Ob er ein verlässlicher Partner ist, darüber herrscht Uneinigkeit. Dennoch rollt man ihm in der US-Hauptstadt den roten Teppich aus.

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Afghanistans Präsident Karsai spricht vor Stammesführern in Kunduz. (AP Photo/Dusan Vranic, Pool)
Hamid Karsai will in Washington über die Friedenskonferenz mit Stammesführern sprechen.Bild: AP

Afghanistans Präsident Hamid Karsai trifft bis zum Donnerstag (13.05.2010) Vertreter der US-Regierung in Washington. Der Besuch Karsais wird mit Spannung beobachtet. Nach der neuen Afghanistan-Strategie wollen die USA zunächst 30.000 zusätzliche Soldaten in das Land schicken und schon im Juli 2011 mit dem Rückzug der Soldaten beginnen.

Voraussetzung dafür: Eine geordnete Übergabe der Verantwortung an die afghanische Regierung und ein Sieg gegen die Terrororganisation El Kaida. Ob Karsai der richtige Partner an der Seite von USA und NATO ist, darüber scheint es in Washington unterschiedliche Auffassungen zu geben.

Botschafter und Oberbefehlshaber uneinig

Eine Meinungsverschiedenheit über die richtige Afghanistan-Strategie war unübersehbar, als am Montag General Stanley McChrystal, Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Afghanistan, und Karl Eikenberry, amerikanischer Botschafter in Afghanistan, vor die Presse traten.

Commander of U.S. and NATO forces in Afghanistan Gen. Stanley McChrystal, right, and U.S. Ambassador to Afghanistan Karl W. Eikenberry brief reporters ahead of Afghan President Hamid Karzai's visit at the White House in Washington, Monday, May 10, 2010. (AP Photo/Charles Dharapak)
Nicht auf einer Linie: General McChrystal (r.) und Botschafter Eikenberry.Bild: AP

Eikenberry hatte sich im November 2009 in zwei geheimen Telegrammen an seine Vorgesetzten im Außenministerium gegen die Truppenerhöhung ausgesprochen und Präsident Karsai als "ungeeigneten Partner" für die Strategie bezeichnet. Auf die Frage, ob seine Zweifel an dem afghanischen Präsidenten ausgeräumt seien, antwortete er lediglich: "Karsai ist der gewählte Präsident von Afghanistan. Afghanistan ist ein enger Freund und Verbündeter und natürlich habe ich großen Respekt vor Präsident Karsai in dieser Funktion."

General McChrystal dagegen gehört zu der Fraktion, die hinter Karsai und einer gemeinsamen Strategie stehen. Am Montag sprach er von einer "offenen und vertrauensvollen Beziehung," mit der er bisher sehr zufrieden sei.

Eikenberry und McChrystal scheinen damit kein so enges Vertrauensverhältnis zu pflegen wie ihre Kollegen im Irak, Botschafter Ryan Crocker und General David Petraeus. Doch genau diese enge Beziehung zwischen den beiden sei es gewesen, die zum Erfolg der Truppenverstärkung im Irak geführt habe, sagte Botschafter Crocker der Washington Post.

Die Beziehung zwischen der amerikanischen und der afghanischen Regierung ist aber nicht nur durch die internen Streitigkeiten auf Seiten der Amerikaner belastet. Schon kurz nach seiner Amtsübernahme hatten Präsident Obama und seine Außenministerin Hillary Clinton Karsai und dessen Regierung scharf kritisiert.

Abkehr vom Konfrontationskurs

Vor wenigen Monaten war die Lage eskaliert. Damals ließ Obamas Sicherheitsberater James Jones verlauten, Karsai solle in seiner zweiten Amtszeit bestimmte Dinge erledigen, die er bisher vernachlässigt habe. Karsai reagierte erbost, warf den Amerikanern vor, die Präsidentschaftswahl manipuliert zu haben und erklärte, er überlege, sich den Taliban anzuschließen.

Soldaten der US-Marine warten auf die Ankunft eines Helikopters in Afghanistan. (AP Photo/David Guttenfelder)
US-Soldaten in Afghanistan: Beginn des Abzugs für 2011 geplantBild: AP

Nun ist man im Weißen Haus offensichtlich zu der Erkenntnis gekommen, dass der bisherige Konfrontationskurs nicht den gewünschten Erfolg bringt. Die Karsai-Kritiker müssen zurückstecken. Nach Ansicht der Afghanistan-Expertin Vanda Felbab-Brown vom Brookings-Institut muss die Obama-Regierung bei dem Besuch Karsais vor allem erst einmal wieder für gute Stimmung sorgen. In Washington will man nun mit Karsai über die mit Stammesführern geplante Friedenskonferenz diskutieren.

Viel Aufmerksamkeit für Hamid Karsai

An Karsai und der afghanischen Zentralregierung komme man nicht vorbei, meint Vanda Felbab-Brown. Daran änderten auch die Vorwürfe der Korruption und ineffektiven Regierungsfühung nichts. "Es ist eine Illusion anzunehmen, wir könnten uns eine problematische Beziehung zu Kabul leisten und mit den Provinzvertretern verhandeln." Die Zentralregierung müsse den Provinzen in bestimmten Fragen Weisungen erteilen, außerdem würden die Gouverneure von der Zentralregierung ernannt.

Und so wird für Hamid Karsai und seine große Delegation, zu denen zahlreiche Minister gehören, in dieser Woche in Washington der rote Teppich ausgerollt. Geplant sind unter anderem Treffen im Außenministerium und im Weißen Haus, ein Besuch des Soldatenfriedhofs in Arlington, ein Essen im Haus des Vizepräsidenten und eine öffentliche Gesprächsrunde mit Außenministerin Hillary Clinton und Präsident Karsai. Über zu wenig Aufmerksamkeit jedenfalls soll sich der afghanische Präsident nicht beschweren können.

Autorin: Christina Bergmann
Redaktion: Benjamin Hammer / Manfred Götzke