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USA lockern Bankenregeln: Was heißt das für Europa?

Mischa Ehrhardt Frankfurt am Main
23. Mai 2018

In den USA wird die Bankenregulierung gelockert. Das verschafft US-Banken einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Banken etwa in Europa. Die Gefahr einer Deregulierungsspirale droht. Aus Frankfurt Mischa Ehrhardt.

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Deutschland - Frankfurt am Main - Bankenviertel
Bild: picture alliance/dpa/A. Dedert

Zwei Schlagworte sind mit der Banken-, Finanz- und Wirtschaftskrise in das Bewusstsein gelangt: "Too big to fail" und "Banken-bail-outs". Beide Probleme sollte das Dodd-Frank-Gesetz in den USA in den Griff bekommen. Too big to fail sind Banken oder Versicherer, wenn ihre Pleite das Finanzsystem als Ganzes bedroht, wenn sie also systemrelevant sind. In der Folge der Krise vor ziemlich genau 10 Jahren mussten viele als systemrelevant geltenden Finanzinstitute mit Milliardensummen aus den Steuertöpfen von Staaten gerettet werden: Ihnen musste aus der Klemme geholfen werden, was das englische bail-out bezeichnet.

In der Folge haben die meisten Staaten schärfere Regulierungen eingeführt, die genau das verhindern sollten. So mussten durch das Dodd-Frank-Gesetz in den USA Banken mit einer Bilanzsumme von über 50 Milliarden Dollar regelmäßige Stresstests durchführen. Dabei wurde getestet, wie die Banken auf schlechtere Bedingungen an den Finanzmärkten reagieren. Wer durchfiel, musste nachbessern und für mehr Stabilität und Sicherheit im eigenen Haus sorgen. Zum Beispiel mit einem höheren Anteil an eigenem Kapital.

Rückenwind für US-Banken

Die Schwelle für diese Prüfungen wird die Regierung Donald Trumps nun hochsetzen - von 50 auf 250 Milliarden Dollar des verwalteten Vermögens einer Bank. Damit sollen kleinere Banken bis zu dieser Grenze ermuntert werden, wieder mehr Risiken eingehen zu können, indem sie beispielsweise wieder mehr Kredite in die Wirtschaft ausreichen. Das soll der Konjunktur zu Gute kommen. Ob das durch die nun beschlossene Deregulierung wirklich geschieht, bezweifeln manche Experten. Jedenfalls hatten die US-amerikanischen Banken bereits durch ihren Präsidenten Rückenwind bekommen - denn auch sie sind Profiteure der US-Steuerreform.

Der neue Vorstoß bei der Deregulierung im Bankensektor und die Steuerreform verschaffen den US-Banken also Vorteile, die Kreditinstitute in anderen Regionen der Welt erst einmal nicht haben, oder anders gesagt: Im Zweifel bringen die Maßnahmen Nachteile für Konkurrenten in anderen Regionen der Welt - beispielsweise in Europa. "Sie merken deutlich, dass die Schere bei der Regulierung im Bankensektor noch weiter auseinander geht", meint Johannes-Jörg Riegler, Präsident des Bundesverbandes öffentlicher Banken. "Bei uns sind viel kleinere Summen in der Diskussion. Regulierung sollte einheitlich sein. Nur so kann man die Wettbewerbsfähigkeit zwischen den USA, Europa und China sicherstellen."

Das dürfte zunehmend schwieriger werden unter dem aktuellen US-Präsidenten, der sein Motto "America First" gerne laut betont. Und die Schere unterschiedlicher Regulierungen des Finanzsektors könnte sich noch weiter öffnen. Denn der Rückbau der Dodd-Frank-Regeln ist wohl mit der jetzt beschlossenen Aufweichung der Bankenregulierung noch nicht abgeschlossen.

Es droht neue Gefahr

Vor allem den Investmentbanken ist nämlich auch die nach einem früheren US-Notenbankchef benannte "Volcker-Regel" ein Dorn im Auge. Diese Norm verbietet US-Banken die Finanzspekulation auf eigene Rechnung, um Kundeneinlagen besser zu schützen. Die US-Notenbank und andere US-Behörden arbeiten aber bereits an einem Entwurf für eine laschere Beschränkung dieser Spekulationen. "Darin sehe ich eine Gefahr", sagt der Bankenexperte Wolfgang Gerke, Präsident  des Bayerischen Finanz-Zentrums. "Eigentlich ist das eine Grenze, die nicht wieder überschritten werden darf. Aber um solche Grenzen schert sich Präsident Donald Trump ja sowieso nicht."

Wenn Boni zum Problem werden

Abgesehen davon, dass die Risiken für das Finanzsystem in den USA steigen dürften, bringen Lockerungen der Regulierung in einem Teil der Welt aber auch andere Teile unter Zugzwang. Das könnte dann also letztlich zu einer Abwärtsspirale in Sachen  Bankenregulierung führen. So weist der Bankenverband darauf hin, dass die europäischen und die deutschen Banken weiter abgehängt werden könnten. "Die europäischen Institute drohen weiter zurückzufallen und Geschäftsanteile zu verlieren", konstatiert der Hautgeschäftsführer des Bankenverbandes, Christian Ossig.

Der Bankenexperte Wolfgang Gerke schätzt die Gefahr einer Abwärtsspirale in Sachen Bankenregulierung in Europa aktuell als noch nicht allzu groß ein. "Aber es ist durchaus denkbar, dass man aus Wettbewerbsgründen in Zukunft gezwungen wird, auch zu liberalisieren. Das wäre ein dramatischer Fehler. Denn es würde natürlich die nächste Finanzkrise wahrscheinlicher machen. Und dann stellt sich die Frage, wie viele Banken das überleben würden."