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Der Senat sagt ja

2. Oktober 2008

Der US-Senat hat das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket für den krisengeschüttelten Finanzsektor gebilligt. Nun muss noch das Repräsentantenhaus zum zweiten Mal abstimmen. Der Ausgang des Votums ist ungewiss.

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Der demokratische Fraktionsführer Harry Reid (M.) mit dem Republikanischen Fraktionsvorsitzenden Mitch McConnell (r.) und weiteren Senatoren, Quelle: AP
Der demokratische Fraktionsführer Harry Reid (M.) mit dem republikanischen Fraktionsvorsitzenden Mitch McConnell (r.) und weiteren SenatorenBild: AP

Der überarbeitete Rettungsplan für die US-Banken hat eine wichtige Hürde genommen: Der Senat in Washington billigte das 700-Milliarden-Dollar-Paket am Mittwochabend (02.10.2008, Ortszeit) mit großer Mehrheit. 74 Senatoren stimmten für den überarbeiteten Entwurf, 25 dagegen. Eine erste Version war am Montag im Repräsentantenhaus gescheitert. Das Scheitern hatte eine Rekord-Talfahrt der US-Finanzmärkte ausgelöst und international Ängste vor einer Kettenreaktion hervorgerufen.

Händler an der Wall Street am Mittwoch, Quelle: AP
Die Händler an der Wall Street verfolgten die Abstimmung besonders aufmerksamBild: AP

Die zweite Parlamentskammer wird sich voraussichtlich am Freitag erneut mit dem Gesetzentwurf befassen. Wie die Chancen für eine Mehrheit im Repräsentantenhaus stehen, war zunächst unklar. Kommentatoren in US-Medien meinten, dort sei eine Mehrheit wesentlich schwieriger zu erreichen als im Senat.

Zugeständnisse an die Republikaner

Präsident George W. Bush erklärte nach der Abstimmung, das Votum sei "erforderlich für die finanzielle Sicherheit" aller US-Bürger gewesen. Das amerikanische Volk erwarte und die Wirtschaft verlange, dass das Repräsentantenhaus das Gesetz annehme und er es dann unterzeichnen könne, betonte Bush.

Barack Obama gibt nach seiner Rede ein Interview, Quelle: AP
Barack Obama gibt nach seiner Rede ein InterviewBild: AP

Das ursprünglich von Finanzminister Henry Paulson und Zentralbankchef Ben Bernanke vorgelegte Rettungspaket sieht vor, dass der Staat in Not geratenen Banken faule Kredite im Gesamtwert von bis zu 700 Milliarden Dollar abkauft. Damit soll erreicht werden, dass die Banken wieder Kredite an Unternehmer vergeben und dadurch der Wirtschaftskreislauf nicht unterbrochen wird. In einer ersten Tranche sollen 250 Milliarden Dollar an die Banken vergeben werden.

Warnung vor dem Kollaps

Für den Senat war das Programm leicht verändert worden. Entgegen ersten Vorschlägen sieht das Programm eine parlamentarische Aufsicht vor. Zudem sollten Manager von Banken, denen geholfen wird, keine großzügigen Abfindungen erhalten. Auch ist vorgesehen, dass der Staat nach der Rettung einer Bank später an den Gewinnen beteiligt werden kann. Als Zugeständnisse an die republikanischen Kongress-Mitglieder sieht der Entwurf zudem Steuererleichterungen für Unternehmen und den Mittelstand vor.

John McCain auf dem Weg zur Abstimmung, Quelle: AP
John McCain auf dem Weg zur AbstimmungBild: AP

Kurz vor dem Votum am Mittwoch warb der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, nochmals für das Rettungspaket. In einer dramatischen Erklärung warnte er vor einem weitreichenden Wirtschaftskollaps. Ein großes US-Versicherungsunternehmen stehe derzeit am Rande des Bankrotts, auch anderen Großunternehmen drohe die Zahlungsunfähigkeit, sagte der Senator, ohne Namen zu nennen. "Unternehmen hier in Amerika haben jahrzehntelang hervorragend funktioniert, weil sie über Nacht Kredite aufnehmen konnten", sagte Reid. Inzwischen hätten sie Schwierigkeiten, überhaupt noch solche Kredite mit kurzer Laufdauer zu finden.

"Historischer Moment"

Für die Abstimmung unterbrachen Obama und McCain ihre Wahlkampftouren. Beide stellten sich am Mittwoch eindeutig hinter den Plan. In einer kurzen Rede im Kapitol zitierte Obama den früheren Präsidenten Franklin D. Roosevelt, den Vater des New Deal gegen die Wirtschaftskrise von 1929. Er rief alle US-Bürger auf, "geeint die Angst zu verbannen", gemeinsam gegen die "amerikanische Krise" vorzugehen, um eine "Katastrophe" zu verhindern.

Vertreter beider Parteien begrüßten den "historischen Moment", in dem es beiden Lagern mitten im Wahlkampf gelungen sei, die Parteiengrenzen zu überwinden. Sie zeigten sich optimistisch, dass sich auch das Repräsentantenhaus den Rettungsmaßnahmen nicht mehr widersetzen würde. Doch das bleibt ungewiss: Die Abgeordneten müssen sich am 4. November der Wiederwahl stellen, und nicht wenige von ihnen fürchten, von den Wählern abgestraft zu werden, sollten sie für das unpopuläre Paket votieren. Der Absturz der Finanzmärkte und die Befürchtung, durch die Krise könnten weitere Banken, Versicherungen und auch Unternehmen ins Trudeln geraten, könnten inzwischen aber für einen Meinungsumschwung von "Mainstreet" - der Öffentlichkeit - gesorgt haben. (stu)

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