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Politik

Biden: "Wir werden euch jagen"

27. August 2021

Nach den Anschlägen von Kabul, bei denen 13 amerikanische Soldaten und mehr als 70 Zivilisten getötet wurden, hat US-Präsident Joe Biden Vergeltung geschworen. Und fand bewegende Worte für die Angehörigen der Opfer.

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US-Präsident Joe Biden hält in Washington eine Rede über Afghanistan
Bild: Jonathan Ernst/REUTERS

Sichtlich ergriffen trat Joe Biden an das Rednerpult im Weißen Haus. Zu Beginn seiner etwa halbstündigen Ansprache würdigte der US-Präsident die Opfer der jüngsten Anschläge am Flughafen von Kabul. Die 13 Soldaten seien im Dienst der Freiheit und der Sicherheit gestorben. Sie seien, wie alle ihre Kameraden, die für die USA im Einsatz sind, "das Rückgrat Amerikas".

Anschließend wandte er sich mitfühlend an die Angehörigen der Opfer: Er wisse seit dem Tod seines Sohnes, der nach einem Einsatz im Irak an Krebs erkrankt und gestorben war, dass der Verlust eines geliebten Menschen sich anfühle, als werde man in ein tiefes, schwarzes Loch gezogen. Die Gefallenen seien "Helden" gewesen.

"Nicht vergessen. Nicht vergeben."

Als Verantwortliche für die Anschläge, bei denen außerdem auch mehr als 70 Zivilisten getötet und mindestens 140 Menschen verletzt wurden, nannte Biden den afghanischen Ableger der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat", IS-K. Das K steht für "Khorasan", eine historische Region in Zentralasien, die auch Afghanistan umfasst. Mit den Taliban sind sie verfeindet, weil diese ihrer Ansicht nach "Verräter" sind, die mit westlichen Mächten Abkommen geschlossen haben.

US-Präsident Joe Biden hält in Washington eine Rede über Afghanistan
US-Präsident Joe Biden erklärt das weitere Vorgehen der USA in AfghanistanBild: Jonathan Ernst/REUTERS

An die Hintermänner der Anschläge von Kabul gerichtet, sagte Biden: "Wir werden nicht vergessen. Wir werden nicht vergeben. Wir werden euch jagen, bis wir euch haben. Und dann werdet ihr dafür bezahlen."

Er habe seine Kommandeure angewiesen, Stellungen des IS-K anzugreifen und sei im Austausch mit seinen Militärs, welche weiteren Optionen es gebe, auf die Attentate zu antworten, so Biden.

Evakuierungsmission wird fortgesetzt

Zugleich bekannte sich der US-Präsident dazu, die Evakuierungsmission wie geplant bis zum kommenden Dienstag fortzusetzen. "Wir lassen uns nicht von Terroristen stoppen", sagte er. Es sei klar gewesen, dass der Einsatz gefährlich werden würde. "Deshalb habe ich auch darauf bestanden, ihn zeitlich klar zu begrenzen", betonte Biden.

Auf die Frage, ob es ein Fehler gewesen sei, den Taliban die Sicherung des Flughafens zu übertragen - und überhaupt mit ihnen zu verhandeln -, sagte Biden, die Taliban seien "definitiv keine guten Kerle", die USA vertrauten ihnen nicht. Aber man vertraue darauf, dass die Taliban ein eigenes Interesse daran hätten, mit der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten. Und deshalb glaube er, dass die Taliban auch nach dem Abzug der amerikanischen Truppen bei der Evakuierung von weiteren US-Bürgern und früheren afghanischen Ortskräften helfen würden. Gleichwohl sei es unmöglich, tatsächlich alle Ausreisewilligen außer Landes zu bringen, dämpfte Biden zu hohe Erwartungen an den weiteren Verlauf der Mission.

Bundespräsident Steinmeier spricht sein Beileid aus

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat US-Präsident Joe Biden unterdessen kondoliert. "Wir trauern mit Ihnen um die Opfer des brutalen Anschlags in Kabul", schrieb Steinmeier. "Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der tapferen amerikanischen Soldaten, die ihr Leben gaben, um das Leben anderer zu retten." Mit ihrem mutigen Einsatz hätten sie auch die Evakuierung vieler Deutscher und tausender afghanischer Ortskräfte erst möglich gemacht, erklärte Steinmeier. "Wir beklagen mit Ihnen auch die vielen Toten und Verletzten unter der afghanischen Zivilbevölkerung, die unseren Schutz gesucht haben." Deutschland stehe in "dieser schweren Stunde fest an der Seite der Vereinigten Staaten im Kampf gegen den Terrorismus, der so viel Leid über so viele Menschen bringt".

Evakuierung von Zivilisten beschleunigt

Nach Angaben aus Sicherheitskreisen am Flughafen wurden die Evakuierungsbemühungen nach den Anschlägen während der Nacht wieder intensiviert. Der Mitarbeiter, der nicht genannt werden wollte, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Maschinen würden in regelmäßigen Abständen mit hoher Frequenz starten und landen.

Norwegen hat seinen Evakuierungseinsatz in Kabul vorerst gestoppt. Das sagte Außenministerin Ine Eriksen Soreide dem Fernsehsender TV2. Die Türen des Flughafens seien wegen der jüngsten Anschläge geschlossen worden. Auch Schweden, Spanien und Italien haben ihre Einsätze beendet. Großbritannien wird seine Evakuierungsflüge im Laufe des Tages einstellen. 

Ein Sprecher der Taliban erklärte, es gebe keinen Grund, die vereinbarte Frist für Evakuierungen zu verlängern. Außerdem würden die Taliban an allen Flughäfen des Landes Wachtürme errichten.

Afghanistan Evakuierung Ergänzung Bildergalerie
Ein US-Soldat spielt für afghanische Kinder in Ramstein GitarreBild: Matthias Schrader/AP/picture alliance

Über 18.700 Evakuierte aus Afghanistan bisher in Ramstein angekommen

Auf der Air Base Ramstein in Rheinland-Pfalz sind bis zu diesem Freitag mehr als 18.700 Evakuierte aus Afghanistan gelandet. Das teilte der weltweit größte US-Luftwaffenstützpunkt außerhalb Amerikas mit. Ramstein nahe Kaiserslautern ist seit vergangenem Freitag (20.8.2021) ein US-Drehkreuz für Geflüchtete aus Afghanistan. Auf der Air Base seien etwa 76 Flugzeuge der United States Air Force eingetroffen, berichtete eine Sprecherin des Stützpunkts. In die USA weitergereist seien mehr als 4100 Evakuierte mit etwa 18 Flügen. Die Flüge werden voraussichtlich das ganze Wochenende über fortgesetzt.

mak/wa/as (dpa, rtr, cnn-livestream)