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Konflikte

Biden: "Putin wird die Ukraine angreifen"

19. Februar 2022

Der US-Präsident rechnet mit einem Angriff Russlands auf die Ukraine "in den kommenden Tagen". Er warnte vor den Folgen einer Invasion. Bundeskanzler Scholz sieht noch eine Chance für die Diplomatie.

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USA Washington | Joe Biden zur Russland-Ukriane Krise
Bild: Jim Watson/AFP/Getty Images

"Russland wäre für einen unnötigen Krieg verantwortlich"

"Ich bin überzeugt, dass er die Entscheidung getroffen hat", sagte Joe Biden am Freitagabend (Ortszeit) im Weißen Haus in Washington über den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Wir haben Grund, davon auszugehen."

Die USA gingen auch davon aus, dass die russischen Streitkräfte unter anderem die ukrainische Hauptstadt Kiew zum Ziel nehmen würden, sagte der US-Präsident in einer Fernsehansprache. Russland habe aber immer noch die Wahl zwischen einem "katastrophalen und sinnlosen Krieg" und der "Diplomatie". Bis zum Beginn eines Einmarsches sei "Diplomatie immer eine Möglichkeit".

Ähnlich äußerte sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz nach einem Telefonat mit Biden und anderen westlichen Regierungschefs sowie Vertretern der NATO und der EU. Die zentrale Aufgabe sei jetzt, "das Fenster der Diplomatie offenzuhalten". Gleichwohl bestehe angesichts des russischen Truppenaufbaus von mehr als 150.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine eine "sehr reale" Gefahr eines russischen Angriffs.

Russland | Satellitenaufnahme Flugzeuge und Hubschrauber in der Nähe der Ukrainischen Grenze
Satellitenbilder von Flugzeugen und Hubschraubern auf dem Flugplatz Luninez in Belarus nahe der ukrainischen GrenzeBild: Maxar Technologies/AP/picture alliance

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, zeigen Satellitenbilder, die in dieser Woche aufgenommen wurden, militärische Aktivitäten in Belarus, auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim und im Westen Russlands. Das in den USA ansässige Unternehmen Maxar Technologies meldete demnach die Stationierung neuer Hubschraubereinheiten an mehreren Orten im Nordwesten von Belarus sowie zusätzliche Bodenkampfflugzeuge, Luftabwehreinheiten und Drohnen. Die Satellitenaufnahmen zeigten zudem Panzer und Truppentransporter auf einem Flugplatz 16 Kilometer vor der ukrainischen Grenze. 

Moskau soll deeskalieren

An der Videoschalte mit dem US-Präsidenten nahmen neben Bundeskanzler Scholz auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, die Präsidenten Polens und Rumäniens, Andrzej Duda und Klaus Johannis, die Premierminister Großbritanniens und Kanadas, Boris Johnson und Justin Trudeau, teil sowie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teil.

Belarus | Militärmanöver mit Russland
Kein Zeichen der Deeskalation: Raketen in Belarus beim Militärmanöver mit Russland Bild: picture alliance/dpa/Russian Defence Ministry

Es habe Einigkeit darin bestanden, dass Moskau "ein dringend notwendiges Signal der Deeskalation" geben müsse, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit im Anschluss an das virtuelle Treffen mit. Die Teilnehmer hätten bekräftigt, im Falle einer weiteren russischen Aggression zur Entscheidung über sehr tiefgreifende Maßnahmen bereit zu sein.

Treffen mit Lawrow - unter Bedingungen

Für kommenden Donnerstag kündigte US-Präsident Biden ein Treffen von seines Außenministers Antony Blinken mit dem russischen Chefdiplomaten Sergej Lawrow in Europa an. Allerdings knüpfte er es an eine Bedingung: "Wenn Russland vor diesem Tag militärisch aktiv wird, dann wird klar sein, dass es die Tür zur Diplomatie zugeschlagen hat. Es wird sich dann für einen Krieg entschieden haben, und es wird einen hohen Preis dafür zahlen müssen."

Russisches Großmanöver am Wochenende

Russland bestreitet dagegen jegliche Angriffspläne und führt seinerseits an, sich von der NATO bedroht zu fühlen. Am Samstagvormittag gab Putin den Startschuss für ein Großmanöver unter seiner persönlichen Aufsicht.

Russland | Putin und Lukashenko verfolgen eine Militärübung am Bildschirm
Russische Staatsmedien zeigen Fotos von Präsident Wladimir Putin und dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, auf denen sie das Manöver verfolgen sollenBild: Alexei Nikolsky, Sputnik, Kremlin Pool Photo/AP/picture alliance

Nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen verfolgen Putin und Lukaschenko das Manöver aus dem Kreml heraus. Bei der Militärübung würden strategische Truppen sowie ballistische Raketen einbezogen, erklärte das Verteidigungsministerium. Beteiligt sein sollen die Luftwaffe, Armeeeinheiten aus dem südlichen Militärbezirk sowie die Schwarzmeer- und die Nordmeer-Flotte.

Jens Stoltenberg
Nato-Generalsekretär Stoltenberg warntBild: JOHANNA GERON/REUTERS

Mit drastischen Worten warnte am Freitag auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor einem drohenden russischen Einmarsch in die Ukraine. "Es kann keinen Zweifel geben, dass wir nun die größte Konzentration militärischer Streitkräfte in Europa seit dem Ende des Kalten Krieges erleben", sagte Stoltenberg im ZDF-"heute journal". "Und nur Russland hat auch die Kapazität, und die hat es ganz sicher, einzumarschieren. Ohne Vorwarnzeit."

Die USA warnen schon seit Wochen, dass Russland einen Vorwand für einen Einmarsch in der Ukraine schaffen wolle. Biden sagte in seiner Rede, Russland fahre derzeit eine Desinformationskampagne, wonach Kiew einen "massiven Offensivangriff" auf die Donbass-Region plane.

"Es gibt ganz einfach keine Belege für diese Behauptungen", sagte Biden. "Und es widerspricht jeder Logik, dass die Ukrainer diesen Moment auswählen würden, an dem mehr als 150.000 Soldaten an ihren Grenzen aufmarschiert sind, um einen seit Jahren andauernden Konflikt zu eskalieren."

Explosionen in Luhansk

In den von den pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebieten in der Ostukraine ist am Freitagabend nach russischen Angaben eine Öl-Pipeline explodiert. Andere Quellen sprechen von der Explosion einer Gas-Pipeline. Von russischen Medien verbreitete Bilder aus der Stadt Luhansk zeigten einen Feuerball, der den Abendhimmel erleuchtete. Die Nachrichtenagentur Ria Nowosti berichtete, die Druschba-Pipeline in Luhansk sei explodiert. Die Druschba-Pipeline bringt russisches Öl nach Polen, Deutschland und in weitere Länder. Später folgten Meldungen, es habe eine zweite Explosion im Stadtgebiet von Luhansk gegeben. Angaben zur Ursache der mutmaßlichen Explosionen wurden in diesen Berichten nicht gemacht.

mak/ack/kle (dpa, rtr, afp)