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US-Fernsehbranche vor Konsolidierung?

26. Februar 2002

Der TV-Markt in den USA gerät in Turbulenzen. Medienpolitiker rütteln an bisherigen Grundfesten des Systems.

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Einer der Hauptakteure: Michael Powell von der Federal Communications CommissionBild: http://www.fcc.gov

Ein Berufungsgericht in Washington hat eine jahrzehntealte
staatliche Regelung aufgehoben, die Unternehmen in Ballungsgebieten verbietet, gleichzeitig Fernseh- und Kabelfernsehstationen zu besitzen. Gegen dies Beschränkung hatte der zweitgrößte US-Kabelfernsehanbieter AOL Time Warner geklagt.

Außerdem hat das Gericht die für den Fernsehbereich zuständige Aufsichtsbehörde Federal Communications Commission (FCC) angewiesen, eine Regelung zu überprüfen, nach der Fernsehstationen nicht mehr als 35 Prozent der amerikanischen Haushalte erreichen dürfen. Das Gericht hält das zwar nicht für verfassungswidrig, nannte die Entscheidung der FCC, sie beizubehalten, "willkürlich und rechtswidrig". Fachleute erwarten, dass die FCC diese Besitzregel entweder ganz fallen lassen oder erheblich lockern wird.

Liberalisierung contra Medienvielfalt

Der derzeitige FCC-Vorsitzende Michael Powell, ein Republikaner, ist bereits seit langem für eine Liberalisierung der fast 60 Jahre alten Restriktionen. Sie stammten teilweise noch aus einer Zeit, als es in den USA nur drei Fernseh-Gesellschaften und kein Kabelfernsehen gab. Die Beschränkungen sollten den Wettbewerb aufrechterhalten und ein breites Programmangebot sicherstellen.

Gegen die Beibehaltung der 35-Prozent-Regelung hatten die News Corporation von Rupert Murdoch, der Fox-Television gehört, und der Medienkonzern Viacom geklagt. Viacom kontrolliert die Fernsehgesellschaft CBS.

Bisher hat die FCC noch nicht entschieden, ob sie gegen die
Entscheidung beim obersten US-Bundesgericht Berufung einlegen wird.

Die US-Verbraucherschutzgruppe Consumers Union will in Berufung gehen, doch hat sie ohne Schützenhilfe der staatlichen Behörde kaum eine Chance, beim Supreme Court durchzukommen.

Eine Lawine ins Rollen bringen?

Bei einer Neuordnung des Marktes wären auch Disney mit seiner Fernsehgesellschaft ABC ebenso wie der Mischkonzern General Electric mit seiner NBC im Spiel. NBC ist die einzige Fernsehfirma, die nicht von einem Medien-Konzern kontrolliert wird, und wäre damit für AOL besonders attraktiv.

Daneben könnte auch der zukünftige amerikanische Kabelfernseh-Branchenführer Comcast mitmischen. Comcast übernimmt die Kabelfernsehsparte von AT&T und wird damit unumstrittener Marktführer im Kabelfernsehen vor AOL Time Warner. Für Comcast könnte eine Übernahme von Disney interessant sein, da dem Unternehmen damit ABC und die Disney-Film- und Fernsehstudios zufallen würden. General Electric könnte ihrerseits finanziell problemlos andere
Medien-Konzerne oder Fernsehsender schlucken.

Die News Corp. hat mit dem Kauf der Chris-Craft Industries jetzt insgesamt 33 Fernsehstationen und erreicht 41 Prozent der US-Bevölkerung. Sie hatte eine vorläufige Ausnahme-Genehmigung für den Chris-Craft-Kauf bis zu dem jetzigen Gerichtsentscheid erhalten. Das gleiche gilt für die Viacom-Gruppe mit 34 TV-Sendern, die inzwischen ebenfalls 41 Prozent der Amerikaner erreicht.

Der Kampf ums Lokale

Alle Medien- und Kabelfernseh-Konzerne erhalten jetzt auch die Möglichkeit, sich einzelne lukrative Fernsehstationen oder Fernsehstations-Betreiber in Ballungsgebieten zu kaufen, in denen sie bereits selbst vertreten sind.

Deshalb kommen voraussichtlich auch Fernsehsender-Betreiber wie Paxson Communications und kleinere Mitspieler ins Gespräch. Medienkonzerne wie Gannett und Tribune geraten ebenfalls in Zugzwang. AOL Time Warner könnte an den Tribune-Fernsehsendern Gefallen finden.

Charter Communications und Cox Communications, die dritt- und die viertgrößte Kabelfernsehfirma, könnten sich ebenfalls am kommenden Fusionsspiel beteiligen.

Lokale Fernsehstationen, die die Programme der großen Networks ausstrahlen, sind außerordentlich lukrativ, da CBS, ABC, NBC und Fox ihnen Geld für die Ausstrahlung ihrer Programme bezahlen. Die Networks leben ihrerseits vor allem von Werbeeinnahmen.

Die meisten lokalen Fernsehbetreiber haben sich für eine Beibehaltung der bisherigen FCC-Aufsichtsregeln stark gemacht, da sie befürchten, von den großen Medien-Konzernen unter Druck gesetzt oder übernommen zu werden. (kas/dpa)