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Politik

Urteile bald live im TV

23. Juni 2017

Bisher hieß es: "Kameras raus", wenn deutsche Richter ihre Urteile verkünden. Künftig sind sogar Livebilder erlaubt: Der Bundestag hat das Kameraverbot in Gerichtssälen gelockert - allerdings mit Einschränkungen.

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Deutschland Kamera im Gerichtssaal
Bild: picture-alliance/dpa/H. Hollemann

Fernsehberichte aus deutschen Gerichten ähneln sich alle: Man sieht die Richter eintreten - zu hören sind sie aber nicht. Der Reporter muss das Urteil referieren. Denn seit 1964 gilt in der Bundesrepublik ein Verbot von Fernseh- und Rundfunkaufnahmen in Gerichtssälen. Der Gesetzgeber wollte auf diese Weise die Persönlichkeitsrechte der Prozessbeteiligten wahren und deren Beeinflussung verhindern. Das strikte Übertragungsverbot wird nun gelockert, aber nur zum Teil.

Mehr Transparenz

Zumindest wichtige Urteilsverkündungen der obersten Bundesgerichte können künftig auch direkt im Fernsehen und im Internet übertragen werden. Das hat der Bundestag einstimmig beschlossen. Bislang konnten nur Urteilsverkündungen des Bundesverfassungsgerichts live gesendet werden. Künftig soll dies auch bei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesarbeitsgerichts, des Bundessozialgerichts und des Bundesfinanzhofs möglich sein. Die Lockerung des Kameraverbots soll für mehr Transparenz sorgen.

Elisabeth Winkelmeier-Becker
Abgeordnete Winkelmeier-Becker: "Erhöhte Akzeptanz"Bild: picture alliance / dpa

Allerdings nicht bei allen Prozessen: Einer Übertragung durch die Medien muss in jedem Einzelfall das jeweiligen Gerichts zunächst zustimmen. Und auch in niedrigeren Instanzen bleibt es wie gehabt: keine Übertragung der Urteile. Die CDU-Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker ist dennoch mit der Lockerung zufrieden: "Das erhöht die Akzeptanz höchstrichterlicher Entscheidungen", so die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hatte die Reform schon im Vorfeld als unzureichend kritisiert - etwa weil das Handy- und Laptop-Verbot für Journalisten in Gerichtssälen nicht aufgehoben wurde. Immerhin wird Gerichtsreportern die Arbeit erleichtert: Bei Verfahren, die von besonderem öffentlichem Interesse sind, darf künftig der Ton in einen Presseraum abseits des Gerichtssaals übertragen werden. Dies war vor allem im Zusammenhang mit dem NSU-Prozess am Oberlandesgericht München gefordert worden, wo viele Medienvertreter wegen des großen Andrangs keinen Platz im Sitzungssaal fanden.

Aufnahmen fürs Archiv

Die jetzt beschlossene Reform schafft zudem die Möglichkeit, Gerichtsverfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung vollständig aufzuzeichnen. Anders als ursprünglich geplant, sind aber keine Film-, sondern nur Tonaufnahmen erlaubt. Diese dürfen dann allerdings nicht veröffentlicht werden, sondern sie landen zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken im Archiv.

AR/jj (afp/dpa)