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Urlaub in der Heimat

16. Juli 2009

Nach ein paar Tagen Urlaub von Washington vermisst unsere Korrespondentin Christina Bergmann so Einiges: klimatisierte Supermärkte, langsames Dahingleiten und - ein bisschen mehr Freundlichkeit.

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Bild: DW

Wer sich als Deutsche in den USA zu erkennen gibt, erntet schon mal neidische Blicke: Einmal auf deutschen Autobahnen fahren, das ist offenbar der große Wunsch von vielen Amerikanern. Aber wieso eigentlich?

Deutschlands Autobahnen sind derzeit eine einzige Baustelle. Statt freier Fahrt für freie Bürger heißt es ein ums andere Mal: maximal Tempo 80. Die Autobahnfahrten auf meinem Sommerurlaub in der Heimat waren alles andere als entspannt. So wurde ich auch wieder an den plötzlichen Adrenalinstoß erinnert, den ein Kleinwagen mit Tempo 90 verursacht, wenn er auf eine Spur wechselt, auf der man mit Tempo 130 unterwegs ist.

Fernschreiber Christina Bergmann

Da lobe ich mir doch das Fahren auf den amerikanischen Highways. Zugegeben, die Autobahnringe um die großen Städte sind auch kein Zuckerschlecken. Zumal die Amerikaner dort nicht nur ungeduldig und schnell, sondern auch noch schlecht Auto fahren. Doch hat man die Metropolen hinter sich gelassen, wird der Tempomat auf knapp über 60 Meilen eingestellt und man schwimmt mit einem Tempo vom 100 Kilometern in der Stunde entspannt mit dem Strom. Hektische Spurwechsel oder abrupte Bremsmanöver sind nicht nötig, da auch das Überholen auf der rechten Seite erlaubt ist.

Typisch deutsch?

Was beim Deutschland-Besuch auch auffällt: Kassiererinnen, Kellnerinnen und andere Dienstleister sind ausgesprochen freundlich. Das war nicht immer so und ist eine angenehme Überraschung. Doch die sprichwörtliche deutsche Unfreundlichkeit ist nicht verloren gegangen. Sie findet sich dort, wo man es nicht erwartet hatte: bei den eigenen Mitbürgern. Da werden Ordner angeblafft, die müden Besuchern doch nur einen unkonventionellen Weg weg von der überfüllten Konzerthalle weisen wollen. Singende Bettler werden von Restaurantbesuchern mit barschen Worten abgekanzelt. Auch Amerikaner haben natürlich mal schlechte Laune. Aber für unbekannte Dritte – Busfahrer, Kassiererinnen, Sprechstundenhilfen – hat jeder ein freundliches Wort. Selbst Bettler werden im Zweifelsfall angelächelt. Es kostet ja nichts und macht das Leben irgendwie leichter.

Wo bleibt die Kühlung?

Wer hätte auch gedacht, dass ich mich mal nach klimatisierten Supermärkten sehnen würde? Aber wer bei 30 Grad im Schatten in ein deutsches "Kaufland" tritt, in dem gefühlte 35 Grad herrschen, hat nicht wirklich Lust, viel Geld auszugeben. Man sieht zu, das nötigste im Einkaufswagen zusammen und dann das Weite zu suchen. Dabei müssen ja nicht unbedingt Temperaturen kurz über dem Gefrierpunkt herrschen wie oft in den amerikanischen Einkaufszentren. Doch ein bisschen frischer darf es schon sein. In den USA wird man übrigens langsam umweltbewusster und stellt das Thermostat inzwischen oft ein paar Grad höher. Was immer noch für angenehme Temperaturen und gefüllte Einkaufswagen sorgt.

Auch wer in amerikanischen Restaurants Softdrinks oder Mineralwasser bestellt, ist sich der Erfrischung sicher. Das Glas ist stets randvoll mit Eiswürfeln gefüllt. Und das ist auch gut so. Mit Grausen denke ich an die Flasche stilles Wasser an einem warmen Sommerabend in dem Restaurant in Deutschland, deren Inhalt in etwa Umgebungstemperatur hatte. Daraus lässt sich eigentlich nur ein Schluss ziehen: Auf die globale Erwärmung hat man sich dort irgendwie noch nicht eingestellt.

Doch keine Sorge, so richtig amerikanisiert bin ich dann doch noch nicht. Streuselschnecken und Fleischsalat, bezahlbare Arztbesuche, ein funktionierendes Nahverkehrsnetz und Handwerker, die ihre Arbeit fachmännisch verrichten, lassen sofort Heimatgefühle aufkommen. Aber alles Gute ist halt nie beisammen.

Autorin: Christina Bergmann

Redaktion: Manfred Götzke