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Union zeigt nachvollziehbaren Weg in eine bessere Zukunft

Wolter von Tiesenhausen 12. Juli 2005

Die Union fordert in ihrem Wahlkampfprogramm "Vorfahrt für Arbeit". Doch ist die geplante Mehrwertsteuererhöhung bei gleichzeitiger Senkung der Lohnnebenkosten wirklich eine Lösung um mehr Arbeitsplätze zu schaffen?

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Wolter von Tiesenhausen

Wenn Angela Merkel - vorgezogene Bundestagswahlen und einen Wahlsieg der Union vorausgesetzt - im Herbst Deutschland regieren sollte, kann sie sich auf ein geschlossenes und weitgehend solides Programm stützen. Ein Programm, das keine Wunder, aber einen nachvollziehbaren Weg in eine bessere Zukunft verspricht.

Kernaussage ist die Forderung: Vorfahrt für Arbeit. Nur wenn es gelingt, die Stagnation der Wirtschaft zu überwinden, werden neue Arbeitsplätze geschaffen und damit die Voraussetzung für eine nachhaltige Neuordnung der sozialen Sicherungssysteme.

Solide Finanzierung

Die Instrumente, die die Christdemokraten in ihrem Programm anbieten, sind nicht neu. Sie reichen von der Entlastung der Lohnnebenkosten über die Flexibilisierung der Tarifverträge bis zur Erleichterung des Kündigungsschutzes. Neu ist der Vorschlag, einen Teil der Lohnnebenkosten über eine Anhebung der Mehrwertsteuer zu finanzieren. Das widerspricht zwar der ursprünglichen Ablehnung jeglicher Steuererhöhung, hat aber den Vorzug, eine solide

Finanzierung zu garantieren. Wenn bei 80 Millionen Einwohnern nur noch 26 Millionen abgabenpflichtige Beschäftigungsverhältnisse die sozialen Sicherungssysteme finanzieren, ist eine Lastenverlagerung auf die Steuerzahler durchaus zu rechtfertigen.

Das bereits als Regierungsprogramm deklarierte Wahlmanifest der Christdemokraten ist geprägt von der Sorge, nur nichts zu versprechen, was nicht auch eingehalten werden kann. Angela Merkels Bemerkung, "wir machen nicht den Schröder", hob darauf ab, dass es Gerhard Schröder war, der vieles versprochen, aber nur weniges auch eingehalten hat. Aus seinen Fehler lernend hat die Union darauf verzichtet, den von Unternehmen zu entrichtenden Körperschaftsteuersatz auf 19 Prozent abzusenken, wie man das mit den Sozialdemokraten noch vor kurzem vereinbart hatte. Denn nur eine Reduzierung von derzeit 25 auf 22 Prozent halten die Christdemokraten für finanzierbar.

Reform der Krankenversicherung vertagt

Ein weiteres wichtiges Reformziel bedarf noch der Präzisierung. Die Neuordnung der gesetzlichen Krankenversicherung soll die jetzt nach dem Einkommen gestaffelten Beiträge durch einheitliche Gesundheitspauschalen ersetzen. Um sowohl die Belastungen der Versicherten in Grenzen zu halten als auch der Forderung nach sozialer Gerechtigkeit genüge zu tun, wird der Steuerzahler einen Teil der Krankenversicherung übernehmen müssen. Das bedeutete zusätzliche Haushaltslasten in einer noch nicht einzuschätzenden

Größenordnung. Deshalb soll dieses Projekt auch erst zu einem späteren Zeitpunkt konkretisiert werden.

Notwendige Einschnitte

Die Union hat die Chance für einen Neuanfang. Sie kann neue Akzente setzen und sie kann davon ausgehen, dass die Deutschen zumindest in der Anfangsphase auch schmerzvolle Einschnitte als notwendiges Übel hinnehmen werden. Bisher haben die Christdemokraten bei allen

sachlichen Differenzen zwischen Ost und West, Nord und Süd, Bund und Ländern einen bemerkenswerten Willen zur Geschlossenheit bewiesen. Wenn es gelingt, diese Geschlossenheit über den Wahltag hinaus zu

bewahren, dann hat Angela Merkel eine realistische Chance, aus ihren Plänen ein wirkliches Regierungsprogramm zu machen.