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Ungleicher Wahlkampf in Kambodscha

Abby Seiff4. Juli 2013

Die Kambodschanische Volkspartei von Ministerpräsident Hun Sen will vor den Wahlen Ende Juli kein Risiko eingehen und setzt auf eine massive Medienkampagne. Die Opposition muss sich anders Gehör verschaffen.

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Wahlkampf der kambodschanischen Regierungspartei (Mobile Videowand) (Foto: A. Seiff/DW)
Bild: DW/A. Seiff

Kambodschas Wahlkampf ist voll im Gange. Auf den Straßen sind in diesen Tagen ständig Aktivisten mit Megaphonen auf Motorrädern und Pritschenwagen unterwegs. Die regierende Kambodschanische Volkspartei von Ministerpräsident Hun Sen dominiert die elektronischen Medien und die Presse, aber im Monat vor den Wahlen (28.07.2013) kann jeder mit einem Lautsprecher seine Stimme zu Gehör bringen.

"Im Fernsehen kommen wir nicht vor. Elf Sender (von etwa 13 – Red.) werden von der Regierung kontrolliert beziehungsweise von Leuten mit Verbindungen zur Regierungspartei", sagt Yim Sovann, Sprecher der neuen, aus der Fusion der zwei Oppositionsparteien hervorgegangenen Partei der Nationalen Befreiung Kambodschas. "Also reisen wir im Land herum, um unsere Botschaft zu verbreiten. Wir benutzen Lautsprecher. Wir gehen von Tür zu Tür und sprechen die Leute direkt an."

Oppositions-Wahlkampf in Phnom Penh mit Megaphon (Foto: A. Seiff/DW)
Opposition macht Wahlkampf mit MegaphonBild: DW/A. Seiff

Die allermeisten Radio- und Fernsehsender sowie Zeitungen sind dem Regierungslager eng verbunden, denn sie befinden sich im Besitz von Angehörigen oder Freunden von mächtigen Funktionären.

"Zensurmaßnahmen verstärkt"

Kambodscha taucht in Ranglisten der Pressefreiheit stets weit unten auf. Im jüngsten Bericht von Reporter ohne Grenzen steht es auf Platz 143, damit 26 Plätze weiter unten als im Jahr zuvor. Die Organisation konstatiert, dass "seit 2011 lokale unabhängige Radiosender sowie ausländische Radiosender verstärkt das Ziel staatlicher Zensurmaßnahmen" geworden seien.

Ende Juni erließ das Informationsministerium eine Anordnung, wonach es den einheimischen Radiosendern verboten wurde, Programminhalte ausländischer Radiosender in der Landessprache Khmer zu übernehmen und zu senden. Das Verbot sollte 31 Tage lang in Kraft sein, wurde jedoch rasch zurückgenommen, nachdem die USA über einen Außenamtssprecher verlauten ließen, dass das Verbot die "Glaubwürdigkeit des Wahlprozesses in Frage" stelle. Auch die betroffenen lokalen Radiosender hatten protestiert.

Regierende Volkspartei fürchtet Einbußen

Sender wie Voice of America (VOA), Radio Free Asia, Radio Australia und Radio France Internationale (RFI) sind für viele Kambodschaner die einzige Möglichkeit, sich auf Khmer über korrupte Praktiken und andere Missstände in ihrem Land zu informieren. Denn das sind Themen, die die Regierung lieber totschweigen möchte – vor allem kurz vor den Wahlen.

Ministerpräsident Hun Sen im Juni 2013 in Phnom Penh (Foto: picture alliance/dpa)
Ministerpräsident Hun Sen ist seit einem Vierteljahrhundert an der MachtBild: picture-alliance/dpa

Trotz Protesten der Opposition hält die Regierung in Phnom Penh jedoch fest an ihrem Beschluss, für die Dauer von fünf Tagen vor dem Wahltermin jegliche Wahlberichterstattung praktisch zu verbieten - aus Gründen der öffentlichen Ruhe und Ordnung, wie es heißt.

Die Vorsicht der Regierung ist verständlich, drohen doch die Wahlen 2013 zum ersten Mal seit langem für die Regierungspartei kein Selbstläufer zu werden. Niemand erwartet zwar eine Niederlage der Kambodschanischen Volkspartei, aber Verluste von Parlamentssitzen würden nach vier Wahlen in Folge mit Zugewinnen eine Blamage für die Partei und den "starken Mann" Hun Sen darstellen.

Dauerberieselung mit TV-Wahlwerbung

Um das zu verhindern, haben die regierungstreuen Fernsehsender des Landes – also praktisch alle – in den vergangenen Monaten auf Dauerberieselung des Publikums mit Werbung für die Mannschaft von Hun Sen geschaltet. Vor allem die Spende von Reis und traditionellen Schals (Kramas) durch Regierungsmitglieder an arme Dorfbewohner laufen in einer Endlosschleife über die Bildschirme. Auf allen Kanälen laufen Karaoke-Videos, in welchen Infrastruktur-Projekte der Regierung besungen werden und die Huld des Ministerpräsidenten und seiner Gattin Bun Rany, ihres Zeichens Präsidentin des Kambodschanischen Roten Kreuzes.

Krama, der traditionelle Schal der Kambodschaner (Foto: Thomas Schoch/CC-BY-SA-3.0)
Krama, der traditionelle Schal der Kambodschaner - auch beliebt als Geschenk im WahlkampfBild: Thomas Schoch/CC-BY-SA-3.0

Auch die Radiosender des Landes werden weitgehend von der Regierung kontrolliert. Nur zwei von rund 160 könnten als wirklich unabhängig betrachtet werden, schätzen Kenner der Medienszene des Landes. Koul Panha von der Wahlbeobachtungskommission erklärt die Scheu der Regierung vor Informationsvielfalt aus dem Ein-Parteien-Denken der meisten Regierungsmitglieder. "Für diese Leute ist automatisch alles gut, was die Regierung macht, und die Medien sind nur dafür da, positive Nachrichten zu verbreiten. Deshalb haben sie Angst davor, dass die Opposition Zugang zu den Medien bekommt."

Allmähliche Änderungen

Eben das passiert aber allmählich, zumindest in den Städten können unabhängige Radiosender und Zeitungen stärker Fuß fassen, auch der Zugang zum Internet schreitet voran. Der Weg ist aber noch schwierig und gefährlich, wie im vergangenen Oktober Mam Sonando erfahren musste. Der 71jährige Besitzer eines unabhängigen Radiosenders wurde zu 20 Jahren Gefängnis wegen "Anzetteln eines Aufstands" verurteilt. Sein Vergehen bestand darin, dass sein Sender über eine Dissidenten-Gruppe berichtet hatte, die Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes gegen Premier Hun Sen forderte. Die USA und Frankreich setzten sich für den Radiomacher ein, so dass er schließlich auf Bewährung freigelassen wurde.

Radiomacher Mam Sonando (Foto: Reuters)
Mam Sonando, populärer unabhängiger Radiomacher, kurz vor seiner Freilassung im März 2013Bild: Reuters

Mam Sonandos Sender bietet weiterhin der Opposition ein Forum und sendet Beiträge von RFI und VOA. Wenn das auch beim Fernsehen so funktionieren würde und es "neben den politischen Werbesendungen objektive Nachrichten gäbe, dann würde die Regierung die Wahlen verlieren", glaubt Yim Sovann von der Oppositionspartei.