1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Unglaubwürdige Opferzahlen aus Birma

Rina Goldenberg4. Januar 2005

Nach dem Tsunami steigt die Zahl der Todesopfer täglich. Nur in Birma (Myanmar), das direkt in dem Katastrophengebiet liegt, soll die Opferzahl extrem niedrig sein. Experten finden das suspekt.

https://p.dw.com/p/64aa
Einziges Bild aus Birma: Das Beben löst ein MauerstückBild: AP


Bis jetzt liegt die offizielle Zahl der Toten in Birma bei 59. Drei Regionen waren von dem Tsunami betroffen: Die Küstenregion in der Nähe von Bangladesch, die Irrawady-Delta-Region, und die vielen kleinen Insel-Gruppen in der Nähe der thailändischen Grenze. Die Militärregierung in Birma spricht nur von ein paar Dutzend Todesopfern, gibt aber gleichzeitig zu, dass das Ausmaß der Katastrophe schwer zu beziffern sei. "Ich möchte nicht über Zahlen reden", sagt Age Win, ein Sprecher der Vereinten Nationen in Rangoon, vorsichtig. "Die Delta Region ist am stärksten betroffen. Aber diese Region ist auch weniger bevölkert als die Nachbarländer."

Karte Seebeben mit Birma rot gefärbt
Mitten im Katastrophengebiet: BirmaBild: DW

Unrealistische Zahlen

Mittlerweile sagen Experten des Benfield Hazard Research Centre am University College in London, dass die offizielle Opferzahl in Birma viel zu niedrig sei, um realistisch sein zu können. Nach Meinung der Experten müssten die Zahlen eher denen aus Nord-Thailand gleichen. Nach der Tsunami-Katastrophe hatte UNICEF berichtet, dass in Birma 17 Dörfer von der Flut zerstört wurden. Die Organisation sprach von 90 Toten.

Im Gegensatz zu allen anderen Ländern, die vom Tsunami betroffen waren, ist Birma das einzige Land, dessen offizielle Angaben über die Zahl der Todesopfer nach den ersten Berichten nicht drastisch gestiegen ist. Es gibt weder Fotos noch Berichte von Augenzeugen aus den betroffenen Gebieten. Die Militärregierung ist dem Ausland gegenüber extrem misstrauisch und steht im Ruf, schlechte Nachrichten zu vertuschen.

Keine Pressefreiheit

Te Aung Joe von der Oppositionspartei "Democratic Voice of Burma" in Oslo sagt, die Militärregierung habe unter Umständen gerade vor Neujahr besonderes Interesse daran gehabt haben, die Naturkatastrophe herunterzuspielen – in Birma könnte die Katastrophe bei abergläubischen Menschen als schlechtes Omen gewertet werden. "In Birma werden die Medien von der Regierung kontrolliert und es ist sehr schwer, herauszukriegen, was eigentlich in Birma passiert ist", sagt Te Aung Joe. "Das birmesische Radio berichtet von 43 Toten, die aktuelle Zahl liegt vielleicht bei 120."

Die Experten tun sich schwer zu glauben, dass die südliche Region des Landes nicht schwerer betroffen sein soll. Die südlichste Küstenregion von Birma, die an die thailändische Küstenregion grenzt, hat viele Inseln, die auf dem Weg des Tsunami gelegen haben müssen. Auf diesen Inseln leben so genannte "See-Nomaden". Sie leben auf kleinen Schiffen und pendeln zwischen den Inseln. Es gibt keine offiziellen Angaben über die Zahl der See-Nomaden, von daher ist auch schwer einzuschätzen, wie viele den Tsunami möglicherweise nicht überlebt haben.

Bis jetzt keine Hilfe von außen

UNICEF habe den betroffenen Regionen humanitäre Hilfe angeboten, sagt eine Sprecherin der Organisation. Bisher hätten die birmesischen Behörden aber nicht auf das Angebot reagiert. Die französische Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" hat ein Team in die Küstenregion des Landes geschickt, um herauszufinden, wie die Lage im südöstlichen Birma ist.