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Ungebetene Gäste

Peter Philipp10. März 2003

Ein Krieg im Irak könnte eine Flüchtlingswelle auslösen und die Nachbarländer vor eine harte Belastungsprobe stellen. Die Flüchtlinge werden vor allem im Iran Schutz suchen. Das Land hat seine Grenze bereits geschlossen.

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Kurden auf der Flucht nach dem Golfkrieg 1991Bild: AP

Rund 400.000 afghanische Flüchtlinge haben den Iran seit der Entmachtung der Taliban in Kabul wieder verlassen und sind nach Osten in ihre Heimat zurückgekehrt. In Teheran ist man zufrieden mit dieser Entwicklung, obwohl sich immer noch weit über eine Million afghanische Flüchtlinge im Land aufhalten dürften. Der Iran war und ist - neben Pakistan - seit vielen Jahren ein Hauptsammelbecken dieser Flüchtlinge. Kaum zeichnet sich hier Entlastung in Richtung Osten ab, da droht aus Westen ein neues Problem: Wenn es zu einem amerikanischen Angriff auf den Irak kommt, dann muss der Iran mit einer Flüchtlingswelle von dort rechnen.

Kurdische Flüchtlinge
Kurdische Flüchtlinge an der irakischen GrenzeBild: AP

Internationale Organisationen warnen seit geraumer Zeit davor, dass ein Irak-Krieg Hunderttausende von Todesopfern fordern könnte. Durch die Kriegshandlungen selbst und durch die mittel- und langfristigen Folgen, die durch mangelnde ärztliche Versorgung, Epidemien, Seuchen oder Hunger zu befürchten sind. Wenn es auch keinerlei Beweise für solche Prognosen geben kann, so klingen sie nicht abwegig, wenn man bedenkt, dass schon jetzt - nach Jahren von Sanktionen und der sehr selektiven Politik der Bagdader Regierung - die ärztliche Versorgung im Irak unzureichend ist.

Durchlässige Grenze

Wer sich also in Sicherheit bringen kann, der wird es versuchen. Aber niemand vermag jetzt die Dimension der zu erwartenden Fluchtbewegung zuverlässig vorauszusagen. UN-Experten sprechen jedoch von Zahlen zwischen 600.000 und anderthalb Millionen irakischer Flüchtlinge, die Zuflucht im Ausland suchen werden und möglicherweise zwei Millionen Flüchtlinge im Land selbst. Da die Grenze zum Iran die längste des Irak ist, dürfte klar sein, wo die meisten dieser Menschen sich in Sicherheit bringen wollen. Auch deswegen, weil die Schiiten im Südirak sich ohnehin zum Iran hin orientieren, ebenso ein Teil der Kurden im Norden.

Teheran hat bereits die Grenze zum Irak geschlossen, die Erfahrung anderer Krisengebiete zeigt aber, dass solche Grenzen nicht hermetisch abgeriegelt werden können. Das weiß man auch in der iranischen Hauptstadt und hat bereits vor Wochen mit dem Bau von Auffanglagern für die Flüchtlinge begonnen. Offizielle Sprecher warnen bereits, dass der Iran nur seinen Verpflichtungen aus der Genfer Konvention nachkommen und die Flüchtlinge entlang der Grenze sammeln werde. Und während man offiziell von rund 200.000 Flüchtlingen spricht, weiß man, dass es auch ganz anders kommen kann: Im Krieg um die Befreiung Kuwaits flohen 1,3 Millionen Iraker in den Iran und fanden dort Aufnahme für mehrere Monate.

Auffanglager für die "irakischen Brüder"

Auch die Türkei hat ihre Grenze zum Irak geschlossen. Sie will ebenfalls verhindern, dass Flüchtlinge über die Grenze wechseln. Obwohl es sich hier wohl in erster Linie um Kurden handeln würde, die im Nordirak leben, deren Gefährdung vergleichsweise gering eingeschätzt wird, und die der Türkei gegenüber ohnehin großes Misstrauen hegen.

UNCHR Logo und Flüchtlingskind
Kinder leiden unter der FluchtBild: AP

Auch Jordanien hat Auffanglager für Flüchtlinge zu bauen begonnen. Nicht am Rand der Hauptstadt Amman, sondern unweit der Wüstenstraße zur Grenze. In Amman leben bereits seit Jahren unzählige Iraker, die als so genannte arabische Brüder bisher ohne Visum hatten einreisen können, und die jordanischen Behörden haben kein Interesse daran, deren Zahl weiter anwachsen zu lassen. Die Anzahl möglicher Flüchtlinge nach Jordanien dürfte aber geringer werden als im Iran, denn der Weg von den irakischen Bevölkerungszentren nach Jordanien ist weiter als in den Iran.

Ähnlich verhält es sich mit Syrien und Saudi-Arabien, die für irakische Flüchtlinge kaum attraktiv sein dürften: Saudi-Arabien hat trotz aller Bedenken weiterhin die Stationierung von US-Truppen erlaubt. Und das Grenzgebiet auf beiden Seiten der saudisch-irakischen Grenze besteht großflächig aus Wüste.

Das Golfemirat Kuwait hat hingegen erklärt, im Falle eines Irak-Krieges keine Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen.
Stattdessen sollen Flüchtlinge aus dem Nachbarland in der 15 Kilometer breiten entmilitarisierten Zone zwischen beiden Staaten untergebracht und versorgt werden.