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Ungarns Medien noch nicht unabhängig

28. März 2002

– Politiker verhindern, dass Medien zur Vierten Gewalt in der Gesellschaft werden

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Budapest, 27.3.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Jan Mainka

Unter dem Titel "Medienlandschaft in Ungarn" fand am vergangenen Montag (25.3.) in den Räumen der Deutschen Botschaft in Budapest die Märzveranstaltung der Wirtschaftsjunioren Ungarn statt. Das von York Sievers moderierte Forum wurde mit einem Vortrag des Pressereferenten der Botschaft, Christian Resing, eröffnet. Darin gab er einen allgemeinen Überblick über die vorhandenen elektronischen und Printmedien. Angesprochen auf die Unterschiede gegenüber Deutschland bemerkte Resing, dass die Medien in Ungarn als die Vierte Gewalt noch nicht so fest in der Gesellschaft verankert seien wie in Deutschland.

Diesem Urteil schloss sich auch sein Nachredner, der stellvertretende Chefredakteur der Wochenzeitschrift "Figyelo", Gyorgy Kertesz, an. "Die Rolle als Vierte Gewalt wird von ungarischen Medien nicht richtig wahrgenommen", so der Journalist. Mit Blick auf die derzeit laufende Durchleuchtung der Medienvertreter auf eine mögliche Mitarbeit für den früheren ungarischen Geheimdienst wagte Kertesz die Vermutung, dass diese Maßnahme bewusst bis heute hinausgezögert worden sei.

Der Südosteuropakorrespondent der FAZ, Matthias Rüb, vertrat die Ansicht, dass bei den Medien die Übergangsphase noch nicht abgeschlossen sei. Besonders kritikwürdig fand er, dass bisher jede Nachwenderegierung versucht habe, die elektronischen Medien für ihre Zwecke gleichzuschalten. "Bisher ist allerdings jede Regierung mit dieser Absicht gescheitert", so Rüb. Besonders das ungarische Staatsfernsehen habe unter diesem Machtkampf gelitten.

Für die Medienlandschaft sei es insgesamt bedauerlich, so Rüb, dass sie von der in der Politik vorherrschenden extremen Polarisierung verseucht sei. Investigativer Journalismus verfolge meist nur Parteiinteressen, statt die der Leser in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen. Eine seriöse politische Berichterstattung entwickle sich erst langsam. Abschließend verlieh Rüb seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich die Medien auch in Ungarn bald zu einem kritischen Wächter der Demokratie entwickeln und als solche auch von den jeweils herrschenden Parteien wahrgenommen werden. (ykk)