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Ungarns Kleinbauern leiden unter EU-Beitritt

Vera Möller-Holtkamp5. Juli 2005

Rindfleisch, Kartoffeln, gelbe Paprika - das gehört in ungarisches Gulasch. Seit dem EU-Beitritt hat sich daran nichts geändert - nur die Herkunft der Zutaten.

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Bekommt Konkurrenz aus dem Ausland: ungarische PaprikaBild: Transit Archiv

Im Jahr 2004 sind die Agrarimporte Ungarns um 30 Prozent gestiegen, die Exporte allerdings nur um sieben Prozent. Die Bauern haben Probleme, ihre Produkte an die Supermarktketten zu verkaufen. Und die wickeln weit mehr als die Hälfte des inländischen Agrarhandels ab: Der Preis entscheidet hier, nicht die Herkunft.

Handel mit einheimischem Gemüse

Bei den Kleinhändlern sei das noch anders, sagt der EU-Beauftragte des Landwirtschaftsministeriums, Laszlo Vajda. Sie hielten noch an den ungarischen Waren fest: "Aber das ändert sich auch allmählich, weil auf den Großmärkten, wo die Kleinhändler einkaufen, immer mehr Importware verkauft wird", sagt Vajda.

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Auf dem Zentralmarkt in Budapest ist allerdings noch alles beim Alten. Auf jeweils acht Quadratmetern bieten die Händler ihre Waren an: Kleine Paprikaberge türmen sich vor den Käufern auf. Das Gemüse ist krumm und schief - gewachsen auf ungarischen Feldern. Die Menschen, die hier einkaufen, schätzen die Vorzüge der heimischen Waren, obwohl sie teurer sind als die Importe.

Die Umsätze auf dem Markt seien trotzdem etwas zurückgegangen, klagt eine Händlerin. Seit elf Jahren verkauft sie hier Früchte und Gemüse. Ihre Waren bezieht sie direkt von Bauern aus der Region. Viele von ihnen hätten ihre Arbeit aufgegeben, weil die Kosten zu hoch seien, und sie sie nicht zu einem guten Preis verkaufen könnten", sagt die Händlerin.

Nicht nur Verlierer...

Klein- und Kleinstbauern sind die Verlierer des EU-Beitritts. Aber die meisten Landwirte in Ungarn sind klare Gewinner der Erweiterung. Laut einer EU-Statistik hat sich ihr Einkommen im Jahr 2005 um 30 Prozent erhöht - alle Hilfszahlungen mit eingerechnet.

Landwirtschaft in Ungarn Paprika Ernte
Die meisten ungarischen Landwirte profitieren vom EU-BeitrittBild: ZB - Fotoreport

Trotzdem gab es im März wochenlange Bauernproteste in der Hauptstadt. Landwirte versperrten Budapester Straßen mit ihren Traktoren. Sie protestierten aber nicht gegen die EU, sondern gegen die inländische Bürokratie, erzählt Laszlo Vajda: "Im ersten Jahr hatten wir viele Schwierigkeiten, die den Landwirten Sorgen bereitet hatten, deswegen waren die Landwirte nicht besonders froh. Sie haben die Subventionen mit großer Verspätung bekommen."

Verspätete Subventionszahlungen

Erst im April 2005 konnten die Hilfen für das Vorjahr ausgezahlt werden. Das war schlecht für die Bauern, denn sie hatten die Hilfszahlungen fest eingeplant. Und Zeit ist Geld für die Landwirte. Nicht nur, weil sie Kredite abzahlen müssen. Auch weil EU-Hilfen ein Verfallsdatum haben: Wenn die Gelder zwei Jahre nach der Bewilligung nicht ausgegeben sind, werden sie gestrichen. Ein solches Versagen der Bürokratie will der ungarische EU-Minister Etele Barath dringend vermeiden: "Ich hoffe, dass wir alle Europäischen Gelder nutzen können. Wir haben große Probleme, die Behörden aufzubauen, um die europäischen Ausgleichszahlungen auch wirklich auszuzahlen", sagt der Minister.

Nicht nur Ungarn, alle neuen Mitgliedstaaten haben Probleme, eine effektiv arbeitende Bürokratie aufzubauen, die die Anträge der Bauern prüft und die Gelder verteilt. Aber die Aussichten für die ungarischen Bauern sind gut in diesem Jahr: Die Exportchancen haben sich verbessert. Durch die anhaltende Dürre in Spanien und Portugal fällt dort die Ernte schlecht aus. Ungarn wird große Mengen Getreide an die südeuropäischen Länder liefern. Das haben die europäischen Agrarpolitiker so geregelt.