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Ungarn: Staatshaushalt 2004: Vorsichtige Reform, weniger Personal

4. November 2003
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Budapest, 3.11.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Bettina Nemes

Am vergangenen Mittwoch (29.10.) hat das Parlament erneut die Debatte über den Staatshaushalt des kommenden Jahres aufgenommen. Die Fraktionen drängen nun nicht mehr auf eine radikale Veränderung der Steuerkonzeption. Weiterhin ist es ihnen gelungen, das Haushaltsdefizit auf drei Jahre festzusetzen. Vergangene Woche wurden zudem konkrete Zahlen für den Personalabbau im öffentlichen Dienst genannt: 7000 Mitarbeiter müssen bis Ende des Jahres ihren Hut nehmen.

Bei den Debatten in der vergangenen Woche blieben nur noch einige wenige Fragen offen. Jede der Parteien hat sich anscheinend mit dem Haushaltsdefizit von 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts abgefunden, mit der das Finanzministerium kalkuliert. Auch das ursprünglich geplante striktere Steuerkonzept ist inzwischen aufgeweicht worden: Die Einkommenssteuer wird deutlich geringer sinken als ursprünglich geplant, die Mehrwertsteuer steigen und neue Abgaben eingeführt – zum Beispiel eine Produkt- und Umweltsteuer. Das Krankengeld wird nun doch nicht wie vorgesehen von 70 Prozent auf 65 Prozent gekürzt. (...)

Finanzminister Csaba László betonte, dass 2004 die Staatsschulden nicht steigen werden, er bezeichnete den Haushaltsentwurf als "absolut richtigen Weg zur Eurozone". Der Entwurf berücksichtige auch die Lage der ungarischen Wirtschaft. Obwohl die Opposition diverse Kompromisse erreichen konnte, zeigte sich der Fidesz dennoch nicht zufrieden. Die Partei beschuldigte die Regierung, dass diese von einem Sparhaushalt spreche, jedoch dabei nicht ihre Wahlversprechen gegenüber den Familien mit Kindern und den Rentnern einhalte.

Deutlich hinter den ersten drastischeren Ankündigungen bleibt auch der Plan der Regierung zurück, den öffentlichen Dienst empfindlich abzuspecken. War Anfang Oktober von Kritikern des Stellenabbaus noch ein Kahlschlag von bis zu 60.000 Mitarbeitern befürchtet worden, so sollen vorerst lediglich knapp 7000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ihren Hut nehmen müssen. Vergangene Woche hat die Regierung die endgültige Liste vorgelegt.

So werden 2603 Angestellte bei den Ministerien entlassen. Das betrifft 10,35 Prozent aller Mitarbeiter. 4318 öffentlich Bedienstete werden bei den regionalen und örtlichen Haushaltsorganen gehen müssen. Den größten Personalabbau wird es im Bildungsministerium geben. Hier sind 224 Menschen, das sind 15,33 Prozent aller Mitarbeiter, von der Regierungsmaßnahme betroffen. Auch das Finanzministerium muss sich von zwölf Prozent seiner Mitarbeiter trennen, genauso wie das Statistische Zentralamt (KSH).

Zur Erarbeitung der Details der Entlassungen hat das Arbeitsministerium ein spezielles Team aufgestellt. Bis zum 30. November müssen die Betroffenen gehen. Die organisatorische Umstrukturierung bei den einzelnen Ministerien und anderen Verwaltungsorganen muss bis Februar abgeschlossen sein. "Wir lassen bei dem Personalabbau Umsicht walten und gehen nicht nach dem so genannten Rasenmäherprinzip vor", betonte Regierungssprecher Zoltán J. Gál. "Es gibt auch Bereiche, in denen die Zahl der Mitarbeiter steigt – etwa in Verbindung mit der Vorbereitung auf den EU-Beitritt."

Nach Ansicht des MDF (Ungarisches Demokratisches Forum – MD)-Politikers István Balsai sind die geplanten Entlassungen lediglich die Spitze des Eisbergs. "Man muss auch diejenigen hinzuzählen, die in den Kommunalverwaltungen ihren Job verlieren", sagte er am Freitag. Dies könnte weitere 30.000 Menschen betreffen. (fp)