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Ungarn: Das neue Jahr macht vieles teurer

9. Januar 2002

- Preiserhöhungen, Gesetzesnovellierungen und Steueränderungen

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Budapest, 8.1.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Bettina Nemes

Gleich zum 1. Januar mussten sich die Verbraucher auf Preiserhöhungen in fast allen Lebensbereichen einstellen. Wesentlich verteuert haben sich vor allem Lebensmittel, Bus und Bahn und Strom. Verändert haben sich aber auch die Steuergesetze. Das Jahr 2002 wird vor allem das Jahr der Steuervergünstigungen für Privatpersonen sein.

Bereits jetzt kann schon gesagt werden, dass die Lebensmittelpreise im ersten Halbjahr dieses Jahres ebenfalls kräftig anziehen werden. Die Verteuerung wird kaum unter zehn Prozent liegen. Der Reigen der Preiserhöhungen wurde von Brot und Milch angeführt. Die Bäcker nahmen Preiserhöhungen von zehn Prozent vor. Mitte Januar verteuern sich Milch und Molkereiprodukte um 6,5 bis sieben Prozent. Die Preiserhöhungen im Lebensmittelsektor werden in erster Linie mit der Anhebung der Minimallöhne um 25 Prozent auf 50.000 Forint (1DM = 124,8 Forint) erklärt. Viele Beschäftigte dieser Branche verdienen nur den Mindestlohn. Aber auch die Anhebung der Energiepreise spielte eine wesentliche Rolle. So sind beispielsweise die Herstellungskosten von Backwaren dadurch um zehn bis zwölf Prozent geklettert.

Die Tendenz des vergangenen Jahres wird sich auch 2002 fortsetzen. Im vergangenen Jahr stiegen die Lebensmittelpreise mit am rasantesten, und zwar um 14 Prozent. Die voraussichtliche Inflationsrate des vergangenen Jahres lag demgegenüber bei 9,2 Prozent. Auch in diesem Jahr wird der Preisanstieg bei Lebensmitteln wieder die durchschnittliche Inflationsrate weit übersteigen. Gleichzeitig hat der Lebensmittelindustriesektor im vergangenen Jahr ein schlechtes Ergebnis ausgewiesen. Durch die Forintaufwertung erlitt die Branche Einnahmeausfälle von schätzungsweise 30 Mrd. Forint. Wie sich das auf die Gewinne der einzelnen Unternehmen auswirkt, ist derzeit noch nicht bekannt. Auf jeden Fall wurden mehrere Investitionen erst einmal verschoben.

Gleichzeitig macht der Landesverband der Lebensmittelverarbeitungsunternehmen (Éfosz) darauf aufmerksam, dass nicht die schlechte Lage der Verarbeitungsunternehmen für die rasanten Preiserhöhungen allein verantwortlich ist, sondern die Handelsunternehmen würden Bruttopreismargen von 20 bis 30 Prozent erzielen. Die Händler sollten nicht alles auf die Verbraucher abwälzen, sondern ein wenig von ihrem Gewinn abgeben, mahnte der Verband.

Die Preiserhöhungen umfassen ziemlich alle Bereiche des Lebens. So sind Anfang Januar auch die Strompreise, Eisenbahnfahrkarten um fünf Prozent und Monatskarten für Bus und Bahn in Budapest um sechs Prozent angestiegen. Für Fahrzeughaftpflichtversicherungen müssen durchschnittlich 4,5 Prozent mehr bezahlt werden. Hinsichtlich der einzelnen Landesteile sind die Unterschiede jedoch gravierend. Während sich die Bewohner Budapests über Preiserhöhungen von bis zu 20 Prozent beklagen, ist die Haftpflichtversicherung einiger Autofahrer in der Provinz sogar billiger geworden. (...)

Mit dem neuen Jahr treten auch zahlreiche steuerliche Veränderungen in Kraft, obwohl die Steuergesetze eigentlich für zwei Jahre gelten sollten. Die meisten Steuervergünstigungen werden Privatpersonen zugute kommen. So wird die Rente ab diesem Jahr wieder steuerfrei, beim Kauf einer gebrauchten Wohnung können Steuervergünstigungen bis zu 240.000 Ft in Anspruch genommen werden. Bei der persönlichen Einkommenssteuer bleiben zwar die Steuertabellen wie gehabt, aber infolge der zu erwartenden Inflationsrate werden die Einkommensgrenzen angehoben.

Die Einkommensgrenze für eine 20prozentige Einkommenssteuer steigt von einem Jahresgehalt von 480.000 Ft auf 600.000 Ft. Das heißt, dass die gerade angehobenen Minimallöhne auch in diese Kategorie fallen. In Ungarn gibt es also, außer der Rente, kein steuerfreies Einkommen. 30 Prozent Einkommenssteuer müssen bei einem Gehalt bis zu 1,2 Mio. Ft bezahlt werden, die Verdienstgrenze für den obersten Steuersatz mit Einkommen von über 1,2 Mio. Ft ist damit um 150.000 Ft angehoben worden. Die vielleicht wichtigste Veränderung des Gesetzes zur Einkommenssteuer ist jedoch, dass Börsenverluste abgeschrieben werden können. Nach Kursgewinnen bleibt jedoch auch weiterhin der umstrittene 20prozentige Steuersatz bestehen. Brokerfirmen können die Kursgewinne und -verluste von nun an vierteljährlich verrechnen. (...) (fp)