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Ungarische Sozialisten wollen "Eintracht mit der Nation"

17. Januar 2002

– Kandidat der ungarischen Opposition bei den nächsten Parlamentswahlen legt Wahlprogramm vor

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Budapest, 14.1.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Albin Lukacs

Drei Monate vor den Parlamentswahlen hat der oppositionelle Premier-Kandidat Péter Medgyessy (...) einen Zehnpunktekatalog der MSZP (Ungarische Sozialistische Partei) vorgelegt. Das 16 Seiten umfassende Wahlprogramm "In Eintracht mit der Nation" wurde im Budapester Café Pilvax vorgestellt, in dem die bürgerliche Revolution 1848 ihren Anfang genommen hatte. Medgyessy erklärte, dass er der Nation einen Vertrag der "Regierung der Nationalen Mitte" anbiete.

"Wir müssen der Machtwillkür, Teilung der Gesellschaft und dem Erobern von Beute ein Ende setzen. Dieses Vorhaben bedarf Anstrengungen unser aller. Deshalb nahm ich die Kanzlerkandidatur an", sagte der MSZP-Kandidat. In Anwesenheit von MSZP-Parteichef László Kovács und der stellvertretenden Vorsitzenden Katalin Szili sagte Medgyessy, dass Wohlstand, Sicherheit und Modernisierung im Mittelpunkt seiner Politik stünden. Als Kernpunkte seiner Politik im Falle eines Wahlsiegs nannte er die Normalisierung der parlamentarischen Tätigkeit, Stärkung der Unabhängigkeit von Justiz, Pressefreiheit und Stärkung der Kommunen. Zum Symbol der breiten Koalition der Gesellschaft zur Abwahl der Orbán-Regierung wurde die Akazie gewählt.

Medgyessy betonte: Die Macht sei eine schwere Last und bedeute einen "verantwortungsvollen Dienst". Dazu gehöre aber, mit Steuergeldern "rechtmäßig und fachgerecht umzugehen und keine Parteienwirtschaft zu betreiben". Medgyessy erteilte Hetzreden, Arroganz und Lügen eine Absage. "Alle Regierungen schlagen ohne demokratische Kontrolle durch Opposition und Gesellschaft einen falschen Weg ein. Ich glaube, soviel Kraft zu besitzen, dass ich Fehler zugebe und auch korrigieren werde."

Das Wahlprogramm wurde in zehn Punkte unterteilt. Eine Regierung unter sozialistischer Führung werde die Ausarbeitung einer neuen Verfassung und eine Novellierung der Wahl- und Minderheitengesetze vorschlagen. Das Parlament soll verkleinert werden. Dies soll zu mehr Verantwortung der Abgeordneten führen. Der Dialog mit der Gesellschaft soll durch die Aufstellung einer zweiten Parlamentskammer institutionalisiert werden. Im Oberhaus können sich Zivilvereine, Kirchen, Verbände und Repräsentanten der Minderheiten vertreten lassen.

Das neue Kabinett werde die Rechte der nationalen und ethnischen Volksgruppen sehr ernst nehmen, beteuerte Péter Medgyessy. Neben einer effizienteren Rechtssprechung kündigte er auch den Abschluss der Verwaltungsreform an, um Verfahrenswege zu vereinfachen. Belange der Verwaltung und Kommunen würden aus dem Innenministerium ausgegliedert und in einem eigenen Ministerium zusammengefasst sein.

Steuergelder würden einer umfangreichen öffentlichen Kontrolle unterworfen, sagte Medgyessy und versprach, Korruptionsfälle aufzudecken. Politisch motivierte Verfahren seien allerdings ausgeschlossen. Soziale Partnerschaft soll wieder stärker zum Zuge kommen. Der Abstimmungsmechanismus zwischen Regierung und Verbänden soll wieder funktionieren. Entstandene soziale Gräben in der Gesellschaft würden zugeschüttet.

Angekündigt wird auch eine berechenbare Agrarpolitik, die vorerst mit einer einmaligen Subventionsspritze von bis zu 80 Mrd. Ft (1DM = 124,5 Ft) zum Abbau der Verschuldung der Wirtschaftstreibenden beitragen soll. Im Bereich Verkehr ist von einem Bau von 800 Kilometern Autobahn zu lesen. Der Autobahnring um Budapest soll fertiggestellt werden. Staatliche Fördergelder würden gerechter verteilt. Dabei sollen Leistungen ausschlaggebend sein. Zudem sollen die Steuern gesenkt werden. Es sollen wieder mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Unternehmer müssten auf ihre Kosten kommen. "Ausländisches Kapital ist für uns notwendig", unterstrich Medgyessy. "Falls die MSZP die Wahlen gewinnt, werde ich mit der Nation einen Vertrag eingehen. Die zehn Punkte können dann auch eingefordert werden." (fp)