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Ungarische Post am Rand des Konkurses

5. Juni 2002

- Gewerkschaften kritisieren Entlassungen

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Budapest, 3.6.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch

Die Ungarische Post muss in diesem Jahr Staatshilfe in Höhe von 25 Mrd. Forint (ca. 103,4 Millionen Euro - MD) erhalten, ansonsten steht sie am Rande des Konkurses und kann ihren Betrieb nicht aufrecht erhalten. Die Magyar Posta wird in diesem Jahr Verluste von fast 8,5 Mrd. Ft. (ca. 35,1 Millionen Euro - MD) ausweisen, für das kommende Jahr rechnet das Management bereits mit mehr als 13 Mrd. Ft. (ca. 53,7 Millionen Euro - MD), so der Geschäftsplan für 2002. Die Post ist der zweitgrößte Arbeitgeber des Landes und plant Pressemeldungen zufolge den Abbau von 400 Stellen. Die Gewerkschaften schlagen Alarm.

Dabei hatte das Management der Magyar Posta in den vergangenen anderthalb Jahren mehrmals betont, dass das staatliche Unternehmen seinen Tätigkeitsbereich erweitern will, damit die 44.000 Arbeitsplätze erhalten bleiben können. Die Post hat den möglichen Stellenabbau zwar dementiert, aber die Gewerkschaften sind aufgrund dieser Meldungen hellwach geworden und wollen, wenn es tatsächlich dazu kommt, alle Mittel nutzen, um das zu verhindern.

Generaldirektor István Kalmár zufolge beruhen die Pressemeldungen auf einem nicht endgültig abgesegneten Geschäftsplan, er dementierte die Daten jedoch nicht. Außerdem führte er aus, dass die Post gleichzeitig eine Anzeige gegen die Presse wegen Verletzung des Geschäftsgeheimnisses erstattet habe. "Wir erhalten seit mindestens drei Monaten keine Informationen vom Management mehr hinsichtlich der Verluste, des Betriebs und der zukünftigen Pläne der Post", beklagte István Tóbiás, Vorsitzender der Postgewerkschaft.

Die hohen Verluste führte er einzig und allein auf die neue Strategie der Post zurück: Die hatte ein Reisebüro gegründet und Versicherungsaufgaben übernommen. "Eine Qualitätsverbesserung der Postdienstleistungen wäre wohl eher angebracht gewesen, schon allein in Anbetracht der ewigen Wartezeiten in den Postämtern." Tóbias hält es geradezu für skandalös, dass der Konferenzraum der Manager für 189 Millionen (ca. 781 000 Euro - MD) und die Küche für 209 Millionen Forint (ca. 864 000 Euro - MD) modernisiert wurden, anstelle dass die Postämter mit kugelsicheren Scheiben ausgerüstet werden, was bereits seit 20 Jahren gefordert wird.

Zur weiteren Erhöhung der Verluste in diesem Jahr könnte laut Marktbeobachtern beitragen, dass die Post im vergangenen Jahr zahlreiche Immobilien verkauft hat und sie inzwischen in ihren ehemaligen Gebäuden Miete zahlen muss. Die Ausgaben für Mieten sind dadurch 2002 um 50 Prozent geklettert. Weiterhin will die Post in diesem Jahr mehr für ihr Image tun; im Geschäftsplan wurden die PR- und Marketingausgaben mehr als verdoppelt.

Experten zufolge seien die für dieses Jahr veranschlagten Verluste von 8,5 Mrd. (ca. 35,1 Millionen Euro - MD) noch ziemlich optimistisch gerechnet. Denn der Geschäftsplan rechnet gleichzeitig in diesem Jahr im traditionellen Postgeschäft mit einem Umsatzplus von 14 Prozent. Dies ist deshalb außergewöhnlich, da die Post Anfang des Jahres ihre Preise nur um rund fünf Prozent angehoben hat. Es ist auch nicht mit einer Belebung des Postverkehrs zu rechnen, eher mit dem Gegenteil. Der Bedarf nach Postdienstleistungen gehe immer mehr zurück, immer mehr Menschen nutzen Alternativen wie E-Mail. (fp)