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Und jetzt... Heiko Herrlich

1. Dezember 2009

Der Trainer des VfL Bochum hat im Fußball schon alles erlebt: Die größten Erfolge, die größten Niederlagen. Er ist dem Tod von der Schippe gesprungen und er hat sich nie unterkriegen lassen.

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Bild: AP

Heiko Herrlich ist ein starker Charakter mit einem großen Willen. Unsere Reporterin Babara Mohr führt mit ihm ein Gespräch über Kopf, Psyche und Seele in emotional schwierigen Fußballzeiten.

DW-TV:
Herr Herrlich, so richtig geklappt hat es nicht gegen den 1. FC Köln. Immerhin ein Unentschieden. Also vier Punkte in vier Spielen – seit Sie die Mannschaft vom VfL Bochum übernommen haben. Es scheint sich ein bisschen was zu tun.

Was muss in den Köpfen der Spieler passieren, damit sie wieder gewinnen?

Heiko Herrlich:

Die Mannschaft steht auf dem vorletzten Tabellenplatz oder stand auf dem vorletzten Tabellenplatz. Und dann ist es natürlich klar, dass ich nicht so viel Selbstvertrauen hab. Der Glaube an sich selbst geht so ein bisschen verloren. Und da ist es einfach wichtig, dass ich denen ne klare Analyse gebe über ihr Spiel in der Defensive und in der Offensive und denen klare Lösungswege zeig.

Ich glaube, es gibt kein Zaubergetränk dafür, irgendwas den Spielern zu geben, dass in 5 Wochen sich alles ändert. Aber Schritt für Schritt an den Dingen arbeiten und sie verbessern. Und ne kleine Entwicklung habe ich schon erkannt.

Sie sind ganz zufrieden?

Nein, ganz zufrieden bin ich eigentlich nie. Das ist einfach so, weil Fußball lässt sich immer nur optimieren und nicht perfektionieren. Man kann Probleme immer nur optimieren.

Es ein Thema, das die Bundesliga in den letzten Tagen beschäftigt hat. Das war der Freitod von Robert Enke und seine vorausgegangene Krankheit.

Und auch Sie haben ja einmal die Fußballwelt einmal mit Ihrem persönlichen Schicksal sehr aufgewühlt – 2000, als sich herausstellte, dass Sie einen bösartigen Gehirntumor hatten. Wie war das für Sie damals?

Ja, es war ja damals von uns oder von mir der Wunsch auch, damit in die Öffentlichkeit zu gehen von Anfang an, weil ich einfach wollte, dass jeder klar weiß, was mit mir ist. So ist die Diagnose und damit geh ich jetzt so und so um und dann habe ich meine Ruhe. Und genau so kam es auch.

Sie haben mal gesagt, dass die Krankheit für Sie eine „wichtige“ und sogar „glückliche“ Phase war. Warum?

Also „glückliche Phase“ muss ich jetzt relativieren. Man macht sich sicherlich über viele Dinge Gedanken im Leben, die in dem Moment, wo du diese Diagnose bekommst: Gehirntumor, deine Frau ist im dritten Monat schwanger, du weißt nicht, siehst du überhaupt je das Kind noch mal, wo völlig alles unwichtig wird. Alle Träume, alle Gedanken, alle materiellen Wünsche, die du hast, alle Dinge, über die du dich aufregst, die Kleinigkeiten, werden in dem Moment völlig unwichtig.

Ich wusste nicht, wie das weitergeht mit dieser Krankheit. Aber ich hab mir überlegt, ob ich jetzt noch 30 oder 40 Jahre lebe und ein Arschloch bin in Anführungsstrichen, oder vielleicht ne Woche oder 10 Tage aber aufmerksam bin, in jedem Moment aufmerksam den Menschen mein Bestes einfach gebe, so bin wie ich bin, ehrlich klar bin, dann hab ich mehr von meinem Leben, auch wenn’s nur noch ne Woche ist, als wenn ich mir jetzt 30 Jahre Sorgen mache über morgen oder in 10 Tagen oder was ich dann und dann mach. Also für mich war das befreiend.

Beeinflusst das Ihre Trainertätigkeit jetzt?

Es macht mich mutiger! Wenn du Ziele definierst, hast du immer Leute drumrum, die dann sagen: “Oh, große Ziele! Na, schauen wir mal, wie er irgendwann fällt!“ Und sich dann nur umgucken rechts und links, wo bitte einer fällt. „Oh, der klatscht aber schön auf! Prima!“

Das ist mir völlig egal, ob sich damit einer freut oder nicht freut. Ich habe diese Ziele. Ich verfolge sie gnadenlos. Und wenn ich mal hinfalle Dann stehe ich ganz schnell wieder auf.

Ganz herzlichen Dank!

Bitte schön!

Und alles Gute dann, dass die Träume auch in Erfüllung gehen!