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Und jetzt... Andreas Bergmann

8. Dezember 2009

Drei Monate ist er Trainer bei Hannover als Robert Enke sich das Leben nimmt. Danach musste er mit der Mannschaft über ganz andere Themen reden. Wir treffen ihn drei Wochen später und fragen, wie er damit umgeht.

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Bild: AP

DW-TV:
Diese absolute Ausnahme gleich zu Beginn Ihres Trainerjobs. Kälter kann das Wasser eigentlich nicht sein, in das man gestoßen wird…

Andreas Bergmann:
Ja, das ist schon ein tiefer Einschnitt, so was zu erleben. Wir waren, glaube ich, auf einem ganz guten Weg. Und dann auf einmal diese hammer Nachricht, dass ein Kollege auch noch diese Art des Todes wählt, diese Krankheit -- sich damit zu beschäftigen, damit auseinander zu setzen. Und das war dann schon sehr sehr intensiv.

Werden von Ihnen jetzt andere Qualitäten verlangt, als man normalerweise vielleicht von einem Trainer erwarten würde?

Ja, natürlich geht man auf diese Situation besonders ein. Ich bin allerdings sowieso ein Trainer, der sehr kommunikativ ist und auch viel mit seinen Spielern spricht, Und gerade auch nach dem Freitod von Robert Enke war es natürlich noch wichtiger, sich mit der Mannschaft auseinander zu setzen. Wie gehen wir damit um?
Und wichtig war glaub ich, dass wir selber unsere Betroffenheit gezeigt haben, wo ich auch keine Probleme bei hatte. Zu sagen, jetzt ist man selber sprachlos, jetzt ist man selber fassungslos.
Und wir haben dann auch vier Tage komplett bis zur Trauerfeier keine Interviews geführt, oder so, um vielleicht auch nicht irgendwie da unnütze Dinge zu sagen, die dann falsch interpretiert werden.

Jetzt mussten Sie sich als Trainer ja um die Mannschaft kümmern. Hatten Sie denn die Möglichkeit, auch so zu reagieren, wie Sie es für sich selber brauchten?

Ja, eigentlich ja. Also, natürlich, ich hatte ja auch diese vier Tage. Wo ich dann nen Weg gefunden hab, mich auch abzuschotten. Obwohl ich ihn dieser Zeit natürlich trotzdem Kontakt mit meinen Spielern hatte. Die Jungs angerufen hab, wie’s ihnen geht. Und so. Das gehört natürlich dazu. Aber was wichtig war, wir haben auch gesagt, Emotionen sollen die Jungs auch zulassen. Gerade wie sie sie empfinden. Und da gibt es kein richtig oder falsch.

Machen Sie sich denn Gedanken, welches Verhalten angemessen ist? Wann darf man denn wieder lachen, zum Beispiel?

Natürlich ist das ne sensible Sache. Aber ich habe gesagt, dass man auch in den ersten Trainingseinheiten auch wieder Emotionen der Freude zeigen kann. Das bedeutet nicht, dass man nicht betroffen ist, dass man nicht trauert. Und ich finde, wir sind jetzt an einem Zeitpunkt, wo wir positive Emotionen auch wieder ehrlich zeigen dürfen.

Wie weit ist die Mannschaft dann so mit ihrer Verarbeitung vom Tod?

Ja, das ist immer schwer, inwieweit noch unterbewusst was da ist. Das ist natürlich ein Verlust, der… das war unser Mannschaftsführer! Das war unser Leitwolf, wie man das so nennen will. Das war ne tolle menschliche Persönlichkeit! Ich glaube, der Zusammenhalt untereinander, auch innerhalb des Vereins und dann halt auch diese Liebe zum Fußball hilft uns da sehr. Und auch so ein bisschen das Wissen, dass das was wir machen ja auch Roberts Alles war. Er als Vorbild wird auch weiterhin in dieser Mannschaft wirken.

Haben Sie denn das Gefühl, dass sich was verändert hat? Z.B. nach dem Freitod von Robert Enke hat der DFL-Chef gesagt "Fussball wird nicht mehr das sein, das es mal war."…

Das weiß ich nicht. Es wäre schön, wenn über bestimmte Dinge mal nachgedacht wird. Ob im Fanbereich, dass man Leute nicht diskriminiert. Dass man Tolerant ist und bestimmtes Vokabular nicht benutzt. Auch die Presse nachdenken in Situationen, wie man mit Leistung umgeht. Wenn man da ein bisschen sensibler wird, wäre wünschenswert.
Wir als Mannschaft hoffen dass wir mehr als Mannschaft aufeinander aufpassen. Aber das ist ein sehr idealistischer Wunsch. Aber das müssen wir mal abwarten, was der Alltag, der Druck, die Öffentlichkeit damit macht.