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Unbeugsamer Streiter für die Menschenrechte

15. Februar 2002

Der Fall des Kairoer Soziologen Saad Eddin Ibrahim hat nicht nur in Ägypten viel Aufsehen erregt. Erst vor kurzem wurde der Bürgerrechtler aus der Haft entlassen. Am 15. Februar erhält er einen Menschenrechtspreis.

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Saad Eddin IbrahimBild: AP

Das höchste ägyptische Gericht hat kürzlich das international kritisierte Urteil gegen den Kairoer Soziologen Saad Eddin Ibrahim aufgehoben. Ibrahim war im vergangenen Mai zu sieben Jahren Haft und Zwangsarbeit verurteilt worden, weil er unrechtmäßig Gelder der EU angenommen und das Ansehen Ägyptens beschädigt haben soll. Das Urteil wurde zunächst nur wegen Verfahrensmängeln aufgehoben. Der bekannte Demokratie-Aktivist besitzt neben der ägyptischen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft und hatte vor seiner Verhaftung eine Informationskampagne geplant, um Ägypter über ihre staatsbürgerlichen Rechte aufzuklären. Am 15. Februar erhält er für sein Engagement den "Preis für Internationale Verständigung und Menschenrechte" der Ulrich-Zwiener-Zwiener-Stiftung in Jena.

Als Menschenrechtler und Wissenschaftler anerkannt

Saad Eddin Ibrahim ist in der arabischen Welt seit Jahren als Aktivist in Sachen Menschenrechte bekannt. Er war Mitbegründer und erster Generalsekretär der 1983 ins Leben gerufenen Arabischen Organisation für Menschenrechte. Dieses Amt gab er 1986 ab, um den "Club für Arabisches Denken" in Amman zu leiten. Ibrahim ist aber gerade auch wissenschaftlich anerkannt: Nicht nur in Ägypten, sondern international genießt er einen guten Ruf als Professor der politischen Soziologie. Studien und Schriften von ihm wurden in mehreren Sprachen herausgegeben. Er veröffentlichte Berichte über die wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Fragen in Ägypten. Und mit dem von ihm geführten Ibn-Khaldun-Institut gelang es dem unbeugsamen Soziologie-Professor, wirkungsvoll für mehr Demokratie, Entwicklung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft in Ägypten und der gesamten arabischen Welt einzutreten.

Ibrahim hat in dieses Institut neben Zeit und Mühe auch viel Geld investiert - etwa das Preisgeld für den ihm 1985 verliehenen "Preis für wissenschaftlichen Fortschritt" im Bereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften erhielt. Allerdings reichte dieses Geld damals noch nicht aus, um sein Ziel zu erreichen. So musste der an der Amerikanischen Universität Kairo tätige Soziologe weitere drei Jahre warten, bis er 1988 seine Stiftung gründen konnte.

Institut hat breites Themenspektrum

Menschenrechtsaktivisten in Kairo
Menschenrechtsaktivisten in KairoBild: AP

Die Aktivität seines Institutes beschränkt sich keineswegs auf die Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen. Weitere Forschungsthemen sind die Armutsproblematik, der Terrorismus und gesellschaftliche Verhältnisse, die politische Gewalt begünstigen. Auch die schwierige Situation der christlichen Kopten-Minderheit, die über Benachteiligungen und Willkür im Alltag klagt, ist ein Anliegen von Ibrahim - ein sensibles Problem, an das sich viele andere in Ägypten nicht heranwagen. Die vielleicht größte Kraftanstrengung lag für Ibrahim und sein Institut in der Reaktion auf die letzten ägyptischen Wahlen und dabei erfolgte Menschenrechtsverletzungen.

Kampagne gegen Ibrahim gestartet

Saad Ibrahim hatte nicht erwartet, dass der erste handfeste Konflikt zwischen ihm und der ägyptischen Regierung aufgrund von ausländischen finanziellen Zuwendungen erfolgen würde. Diese Gelder, so der Vorwurf der Regierung, dienten allein politischen Zwecken. Die Folge: Am 1. Juli 2000 wurde Saad Eddin Ibrahim zusammen mit einigen Mitarbeitern seines Instituts verhaftet. Der Vorwurf lautete: Ibrahim und sein Institut stünden mit ausländischen Kräften in Verbindung, denen sie bezahlte Berichte zukommen ließen, die das Ansehen des Landes schädigten. Die ägyptische Gesellschaft ist in dieser Angelegenheit gespalten: Während auf der einen Seite die Menschenrechtsorganisationen und weite Kreise der Intellektuellen Ibrahim verteidigten, startete andererseits die ägyptische Presse eine heftige Kampagne gegen den berühmten Denker.

Verurteilung trotz internationaler Kritik

Kein anderer Menschenrechts-Fall hat innerhalb und außerhalb Ägypten so viel Aufsehen erregt wie der des Ibn-Khaldun-Institutes und Saad Eddin Ibrahim. Der Umgang mit Ibrahim wurde schnell auch zu einem Maßstab für die Beziehungen Ägyptens zu den USA und zum Westen. Überraschend dann: Trotz großer internationaler Kritik wurde Ibrahim am 21. Mai 2001 vom Oberste Gericht für Staatssicherheit in Kairo zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Dass er seit dem 6. Februar 2002 wieder frei ist, ist immerhin ein Etappensieg: für Ibrahim - und für die Menschenrechte in Ägypten und der arabischen Welt. Ahmed Hissou/(pg)