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Unaufgeregt in Versailles

24. Januar 2006

Kanzlerin Merkel sieht nach dem Treffen mit dem französischen Präsidenten Chirac keinen Anlass, die französischen Atomdrohungen gegen Terror-Staaten zu kritisieren.

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Empfang in VersaillesBild: AP

Merkel und Chirac wollten am Montag (23.1.2006) in Versailles ihre europapolitischen Vorstellungen abstimmen. Im Mittelpunkt des Treffens sollte dem Elyséepalast zufolge die Vorbereitung der EU-Gipfel im März zu Wirtschafts- und Sozialfragen und im Juni zur Zukunft der EU-Verfassung stehen. Zudem sollten ein möglicher EU-Militäreinsatz in Kongo und das iranische Atomprogramm angesprochen werden.

Keine Distanzierung

In den Vordergrund des Gesprächs rückte in der öffentlichen Wahrnehmung freilich ein ganz anderes Thema: Chiracs Drohung mit dem Einsatz von Atombomben gegen Terror-Staaten. Deutsche Oppositionspolitiker reagierten empört auf diese Kraftmeierei aus Paris. Sie forderten vor dem Besuch der Kanzlerin eine klare Distanzierung von den Nuklearplänen des französischen Präsidenten.

Diese kam nicht: Die Äußerungen des Präsidenten stünden im Einklang mit der bisherigen französischen Nuklearpolitik, sagte Merkel nach dem Treffen mit Chirac. "In diesem Sinne glaube ich, dass es da überhaupt nichts zu kritisieren gibt. Das ist meine Haltung dazu." Die Aufregung in Deutschland über die Rede des Präsidenten habe sie mit einer gewissen Verwunderung zur Kenntnis genommen, sagte die Kanzlerin. Sie habe mit Chirac über dessen Äußerungen gesprochen und Verständnis dafür, dass Frankreich seine Nuklearstrategie der veränderten Bedrohungslage anpasse.

"Niemand in Deutschland muss sich Sorgen machen"

Chirac verteidigte seine Äußerungen. Es sei kein Geheimnis, dass Frankreich eine Atommacht sei. Er habe in seiner Rede in der vorigen Woche lediglich an die Grundsätze der französischen Abschreckungsstrategie erinnert. "Wir passen uns der Situation in der Welt an - mehr nicht." Für Frankreich gelte weiterhin, dass Atomwaffen kein Instrument der Kriegsführung seien. "Niemand in Deutschland muss sich auch nur die allergeringsten Sorgen machen", sagte Chirac am Montagabend in Versailles.

"Etappe für Etappe"

Im Konflikt um das iranische Atomprogramm will Merkel alle diplomatischen Mittel einsetzen und "Etappe für Etappe" vorgehen. Als nächstes stehe die für den 2. Februar anberaumte Sondersitzung der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien an, erläuterte Merkel. Es gehe nicht darum, eine Etappe zu überspringen, sondern in Wien die größtmögliche Mehrheit zum Fall Iran zu bekommen, sagte sie auf die Frage nach Überweisung des Streits an den Weltsicherheitsrat. Chirac pflichtete ihr bei.

Das Treffen in Versailles ist das zweite der beiden konservativen Spitzenpolitiker im Rahmen der Anfang 2001 in Blaesheim vereinbarten regelmäßigen deutsch-französischen Beratungen. An der Zusammenkunft in Versailles nahmen auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein französischer Kollege Philippe Douste-Blazy teil. (sams)