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Unabhängigkeit ist kein Thema im Kosovo

Bahri Cani7. Oktober 2003

Drei Jahre nach dem Sturz von Slobodan Milosevic ist Kosovo noch immer unter UN-Verwaltung. Die Träume der dort mehrheitlich lebenden Albaner, ganz von Belgrad unabhängig zu werden, haben sich bisher nicht erfüllt.

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Spuren der Trauer in einem geschundenen Land: die leeren Gräber ermordeter Kosovo-AlbanerBild: AP
Slobodan Milosevic
Slobodan Milosevic vor dem Kriegsverbrecher-Gericht in Den HagueBild: AP

Die einstige südserbische Provinz Kosovo hat im Leben des Slobodan Milosevic (Foto) eine Schlüssel-Rolle gespielt: Hier begann sein Aufstieg zum Präsidenten Serbiens, später Jugoslawiens, unter den hiesigen Serben hatte er seine treuesten Anhänger. Das "Rotbäckchen", wie Freunde im serbischen Zentralkomitee der Kommunistischen Partei damals den jungen Politiker nannten, wurde 1987 nach Kosovo geschickt, um dort die Situation zu beruhigen. Nach Straßenunruhen äußerte Slobodan Milosevic den Satz: "Dieses Volk darf niemand mehr schlagen."

Milosevic wurde zur Symbol-Figur der nationalistischen Kreise in Kosovo und in Serbien. Geschickt nutzte der Ex-Diktator die Unzufriedenheit vieler Serben im Kosovo, die sich durch die Forderungen der Albaner nach mehr Autonomie bedroht sahen. Viele spätere Wahlen hat er ausgerechnet im Kosovo "gewonnen", weil die Albaner stets die Wahlen boykottierten.

Sturz des Tyrannen

Die Niederlage im Kosovo-Krieg 1999 leitete das Ende seiner Karriere ein: Im September 2000 verlor Slobodan Milosevic die Präsidentschaftswahlen in Jugoslawien. Am 5. Oktober wurde er gestürzt.

Drei Jahre danach blicken kosovo-albanische Politiker noch immer skeptisch Richtung Belgrad, wie der Berater des Ministerpräsidenten, Ramadan Avdiu: "Milosevic ist zwar vor drei Jahren gestürzt worden, aber die serbische Kosovo-Politik hat sich wenig verändert. Trotz reformorientierter Organisationen; der alte serbische Mythos, Kosovo als Wiege der serbischen Kultur anzusehen - existiert noch immer."

Hoffnung auf Demokratie

Avdiu setzt seine Hoffnung auf demokratische und reformorientierte Kräfte in Serbien, die die neuen Realitäten akzeptieren. Der größte Unterschied zwischen Milosevic und der jetzigen DOS-Führung in Belgrad sei die Haltung zum Krieg. Immerhin sei die Kriegsgefahr darum nun vorbei.

Der ehemalige Kosovo-Politiker und zeitweilige Anhänger von Milosevic, Azem Vllasi, sieht die Lage ähnlich skeptisch. Das alte Regime und die neue Regierung in Serbien unterschieden sich nicht sehr voneinander in der Kosovo-Frage. Die neue Regierung versuche, die Situation zu nutzen, um ihre Position in der internationalen Gemeinschaft zu verbessern. Viel sei die Rede von Dialog und friedlichen Lösungen. "Auf der anderen Seite aber betonen sie noch immer, dass das Kosovo ein Teil von Serbien ist", sagt er.

Ende der Kriegsgefahr

Auch Vllasi ist indes überzeugt, dass die Kriegsgefahr für "alle Zeiten" vorbei sei. Diese Überzeugung verbindet heute beide Seiten, die albanische und die serbische. Doch über die Lösung der Kosovo-Frage gehen die Ansichten auseinander. Laut UN-Resolution 1244 ist Kosovo Teil von Jugoslawien. Inzwischen gibt es dieses Jugoslawien jedoch nicht mehr, an seine Stelle ist Serbien-Montenegro getreten. Kosovo ist international als Teil dieses neuen Staatenbundes anerkannt, was aber von den kosovarischen Institutionen nicht akzeptiert wird.

Die internationale Gemeinschaft hält bislang keine Änderungen in der Resolution 1244 für notwendig. Änderungsbedarf sehen auch die serbischen Politiker im Kosovo wie der stellvertretende Parlamentsvorsitzende Oliver Ivanovic nicht. Heute denke zwar keiner mehr an die Möglichkeit, Armee oder Polizei für politische Ziele zu benutzen, "aber niemand in Serbien darf das Kosovo aufgeben und über eine mögliche Unabhängigkeit verhandeln. Wir können über alle anderen Lösungen reden - außer über Unabhängigkeit", gibt er sich unnachgiebig. So bleibt die Zukunft des Kosovo auch drei Jahre nach dem Ende der Milosevic Ära noch ohne Antwort.