Boykottaufrufe
14. März 2009Eine Anti-Rassismus-Konferenz der UN, von der ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Diskriminierung ausgehen soll, provoziert schon vor ihrem Beginn hitzige Debatten. Die so genannte Durban-Nachfolgekonferenz, die vom 20. bis 24. April in Genf stattfindet, trifft vor allem bei westlichen Staaten auf Kritik, weil das geplante Schlussdokument Israel wegen der Besetzung der Palästinensergebiete scharf kritisiert und zum alleinigen Verantwortlichen für den Konflikt erklärt.
Andere Krisen, wie etwa das Morden in Darfur, werden in dem Entwurf nicht namentlich benannt. Der Text ist von einem Vorbereitungskomitee erstellt, dessen Vorsitz Libyen hat und in dem auch iranische und kubanische Vertreter sitzen.
"Apartheid in Israel"
In der Rohfassung der Erklärung ist von einer rassistischen Diskriminierung der Palästinenser durch Israel die Rede. Israel verübe in den besetzten Gebieten eine brutale Verletzung der Menschenrechte und etabliere eine Art Apartheid, heißt es in dem Entwurf.
"Wir sollten zunächst alles versuchen, um den Text des Abschlussdokuments zu verbessern", sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke (CDU), der "Berliner Zeitung" vom Samstag (14.03.2009). Es gebe aber keine Teilnahme um jeden Preis. "Für eine UN-Konferenz, die einseitig Israel beschuldigen will, sollte sich Deutschland nicht hergeben", sagte Nooke.
Antisemitismus-Vorwürfe bei erster Anti-Rassismus-Konferenz
Bereits die erste UN-Konferenz zur Bekämpfung des Rassismus im südafrikanischen Durban war im September 2001 mit einer umstrittenen Erklärung beendet worden. Die USA und Israel hatten sich damals über massive anti-israelische Töne beklagt und die Versammlung unter Protest verlassen.
Israel sowie die USA, Kanada und Italien haben bereits angekündigt, nicht an der Tagung teilnehmen zu wollen. Sie fürchten, die Konferenz könnte ausschließlich zu einem Forum für Vorwürfe gegen Israel genutzt werden. In Deutschland fordern Politiker, Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen die Bundesregierung ebenfalls zu einem Boykott auf.
Vatikan will an Konferenz teilnehmen
Der Vatikan erklärte, man wolle an der Teilnahme festhalten. Dies bedeute aber noch keine Zustimmung zu dem umstrittenen Entwurf des Schlussdokuments.
Eine Delegation des israelischen Großrabbinats hat den Vatikan aufgefordert, sich bei der Konferenz gegen einen "Angriff auf den jüdischen Staat" zu stellen. Das geplante Schlussdokument trage einen "offen antisemitischen Charakter", sagte Oberrabbiner Schar Jischuw Cohen bei einer Begegnung mit Papst Benedikt XVI. am Donnerstag im Vatikan. Die Erklärung ignoriere die Bedeutung und die Lehren der Schoah. Cohen kritisierte, der Textentwurf der UN-Konferenz stelle eine Vorverurteilung Israels dar. Dabei würden "willentlich die wahren Täter einer institutionalisierten Diskriminierung und Menschenrechtsverletzung" außer Acht gelassen.
UN: Thema Rassismus geht auch Europa an
Angesichts des Schlagabtausches zwischen islamischen Staaten und dem Westen warnt die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navanethem Pillay, vor einem Scheitern der gesamten Konferenz: "Ich fordere alle Mitgliedstaaten auf, ihre Differenzen zu überwinden und zusammen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen." Pillay hält Befürchtungen, die Konferenz könnte anti-israelisch missbraucht werden, für unbegründet. Sie verstehe die Boykott-Aufrufe nicht, sagte Pillay nach einem Treffen mit der Schweizer Außenministerin Micheline Calmy-Rey am Donnerstag. Pillay hofft, vor allem die USA doch noch zu einer Teilnahme bewegen zu können.
Das Thema Rassismus gehe nicht nur Afrika, Asien oder Lateinamerika an, sagte die indischstämmige Südafrikanerin Pillay. Auch in Europa werde der Rassismus wegen der anhaltenden Einwanderung zu einem Thema. Zudem seien die Menschen gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten anfällig für Rassismus.
Eigentliches Ziel der Genfer Sitzung ist es, die Umsetzung der Beschlüsse von Durban gegen Rassismus zu überprüfen. Am Montag wollen die EU-Staaten über ihre Position beraten. (je)