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Entwicklungspolitik umdenken

Helle Jeppesen 21. April 2012

Geht es bei der Globalisierung um Geld oder Entwicklung? Diese Frage stellt die UN-Handels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD bei ihrer Tagung in Doha. Damit liefert sie Konfliktpotential.

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Bild: Fotolia/Dmitry

Nicht das Finanzinteresse, sondern eine nachhaltige Entwicklung für alle muss im Mittelpunkt der Globalisierung stehen. So knapp könnte man die Aussage der UNCTAD-Konferenz zusammenfassen, die vom 21. - 26. April in Doha, Katar stattfindet.

Als Vorbereitung für den großen UN-Gipfel “Rio +20“ ist die Tagesordnung für die UNCTAD-Konferenz in Doha bereits vorsichtig formuliert: "Förderung günstiger ökonomischer Rahmenbedingungen“ und "Stärkung der Kooperation für Handel und Entwicklung“. Doch dahinter verbirgt sich die Grundfrage, ob sich das globale Wirtschaftssystem überhaupt noch für die heutige Welt eignet, oder nicht einfach die ungleiche Verteilung verstärkt.

Damit stehen sich auf der UNCTAD-Konferenz die Interessen der Industrie- und Entwicklungsländer gegenüber. Für eine Abschlusserklärung müssen aber alle 194 Mitglieder einen gemeinsamen Nenner finden.

Konsens in Gefahr

Keine gemeinsame Abschlusserklärung sei ein schlechtes Signal für "Rio+20", warnt Gudrun Kopp, die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). "Wenn gute Regierungsführung und die Beachtung von Menschenrechten nicht in der Erklärung auftauchen, wäre das für uns nicht akzeptabel."

Kopp spricht damit zwei Forderungen an, die bei vielen Entwicklungsländern und bei Schwellenländern wie China selten auf Zustimmung stoßen. Ihre Prioritäten heißen Entwicklung und Armutsbekämpfung, nicht Menschenrechte und Demokratie. Auf der anderen Seite reagieren die Industrieländer abwehrend, wenn es um die Abkehr vom Grundsatz der Selbstregulierung der Märkte oder den Abbau der eigenen Agrarsubventionen geht.

Fotos für den Artikel Frauen-Power für ländliche Entwicklung Foto 2: IMG_0180.JPG.zip, Beschreibung: Frauenselbsthilfegruppe in Sarwan, Indien, Aufnahme: Helle Jeppesen für DW, Aufnahmeort: Sarwan, Indien, Aufnahmedatum: August 2010, Bildtext: Frauenförderung durch Selbsthilfegruppen hat sich in den Entwicklungsprojekten der Welthungerhilfe in Indien als effektives Entwicklungsinstrument erwiesen
Wer soll von der Globalisierung profitieren? Die Entwicklungsländer...Bild: DW

Dialogforum und Thinktank

Seit 1964 vermittelt die UNCTAD zwischen den Interessen der Entwicklungsländer und den Industrieländern. Damals wollte man vor allem den ehemaligen Kolonien ein Forum für ihre Handelsinteressen geben. In ihren Berichten und Analysen warnt die UNCTAD seit Jahren vor die Gefahren eines ungeregelten Kapitalmarkts – eine Ansicht, die sich bei den Industrieländern erst seit der Finanzkrise langsam durchsetzt.

Mit Vorhersagen der Wirtschaftskrisen in Mexiko, Asien oder Argentinien hat die UNCTAD Recht behalten - im Gegensatz zu den Prognosen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds. Und das trotz bescheidener Ressourcen: Für UNCTAD arbeiten gerade einmal 400 Mitarbeiter, für die Weltbank mehr als 10.000.

Deshalb gilt die UNCTAD auch als Thinktank, als Denkfabrik, des Südens, wobei der politische Stellenwert allerdings eher bescheiden ist. "UNCTAD ist kein Entscheidungsgremium, eher ein Konsens- und Dialogforum", so Gudrun Kopp vom BMZ.

Trader Bradley Silverman works on the floor of the New York Stock Exchange Wednesday, Oct. 22, 2008. Wall Street tumbled again Wednesday as investors worried that the global economy is poised to weaken even as parts of the credit market slowly show signs of recovery. (AP Photo/Richard Drew)
... oder die Finanzmärkte?Bild: AP

Schwindender Einfluss

Die Ergebnisse der Konferenz  fließen zwar in die allgemeine Arbeit der UN-Organisationen mit ein und spielen auch bei den Verhandlungen in der Welthandelsorganisation (WTO) eine Rolle – wirklichen Einfluss haben die Empfehlungen jedoch selten. Die Positionen sind grundverschieden. "Die WTO hat vor allem das Interesse den Welthandel zu liberalisieren und freie Handelsströme zuzulassen. Die Sichtweise der UNCTAD aber ist: Handel ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zur Entwicklung der Länder“, fasst Tilman Altenburg vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) zusammen.

Auch die klassischen Fronten zwischen Entwicklungs- und Industrieländern verschieben sich, seit einige Schwellenländer zur G20, der Gruppe der größten Wirtschaftsmächte, gehören. Für China, Brasilien und Indien sei es interessanter, in der G20 Verhandlungen mit den Finanzministern der Industrieländer zu führen, unterstreicht Tilman Altenburg vom DIE. "Dass sich die Interessen der Schwellenländer noch mit denen der Entwicklungsländer decken ist zweifelhaft", meint er.

Interview Gudrun Kopp Neu - MP3-Mono

In Doha steht deshalb, mehr denn je, die Daseinsberechtigung der UNCTAD auf dem Prüfstand. 30 ehemalige Mitarbeiter der "Denkfabrik des Südens" haben in einer Erklärung schon gewarnt: Ohne eine Übereinkunft von Entwicklungs-, Schwellen und Industrieländern könnte sich die UCTAD zu einer reinen Verwaltungsorganisation reduzieren. Ein Forum für die Analysen aus Sicht der Entwicklungsländer gäbe es dann nicht mehr.