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UN gegen Biosprit

6. Mai 2008

Teller statt Tank: Die UN haben Europa und die USA aufgefordert die Biosprit-Produktion angesichts der Nahrungsmittelkrise einzuschränken. Umweltminister Gabriel will davon nichts wissen und setzt weiter auf Biodiesel.

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Symbolbild Teller und Tankrüssel (Quelle: DPA)
Trotz der weltweiten Nahrungsmittelkrise: Deutschland setzt weiter auf BiospritBild: Picture-Alliance /dpa/AP

Biosprit-Programme seien sinnvoll gewesen, als die Preise für Nahrung sehr viel niedriger gewesen seien, sagte der Ökonom Jeffrey Sachs, der UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Fragen der Armut berät. "In den USA wandert in diesem Jahr bis zu einem Drittel der Mais-Ernte in den Benzintank. Das ist ein riesiger Rückschlag für die weltweiten Lebensmittelvorräte." Die USA sind der weltgrößte Produzent von Biotreibstoffen. Die EU will den Anteil von Biosprit bis 2020 auf zehn Prozent erhöhen.

Jeffrey Sachs, Professor und Direktor des "Earth Institute" an der Columbia University in New York (Archiv, Quelle: AP)
Biosprit-Programme sind nicht mehr zeitgemäß, findet Jeffrey SachsBild: AP

Die deutsche Bundesregierung will von derartiger Kritik nichts wissen: Die weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise hätten mit der Nachfrage nach Biokraftstoffen kaum etwas zu tun. Agrarminister Horst Seehofer und Umweltminister Sigmar Gabriel verteidigten am Dienstag (6.5.2008) den Plan, bis 2020 immer mehr Strom, Wärme und Kraftstoffe aus Pflanzen zu gewinnen.

Die Hungerkrise in vielen Ländern hänge vor allem mit der wachsenden Weltbevölkerung und der steigenden Nachfrage nach Lebensmitteln in Entwicklungs- und Schwellenländern zusammen, erklärte Seehofer zusammen mit Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Der Einfluss der Bioenergie auf Nahrungsmittelpreise werde hingegen überschätzt, zumal nur zwei Prozent der Anbaufläche dafür verwendet würden. "Auch ohne Biosprit gäbe es Hunger", sagte Seehofer.

Gabriel gegen Importverbot

Auch Umweltminister Gabriel bekannte sich zur weiteren Nutzung von Biosprit und zum Import von Energiepflanzen-Produkten aus den Tropen. Ein Verbot sei nicht sinnvoll, vielmehr gehe es um den umwelt- und klimafreundlichen Anbau, sagte der SPD-Politiker nach Rückkehr von einer Brasilienreise.

Der dortige Anbau von Zuckerrohr für Ethanol sei durchaus nachhaltig. "Dagegen ist aus ökologischen Gründen nichts zu sagen", meinte Gabriel. Ganz anders sehe es aus, wenn Regenwald für Soja-Anbau gerodet werde. Nötig sei eine differenzierte Betrachtung und Vereinbarungen mit den Herstellerländern. Gabriel kündigte ein entsprechendes Abkommen mit Brasilien an.

Umweltminister Sigmar Gabriel (27.9.2007, Quelle: DPA)
Biosprit ist nicht schuld - sagt GabrielBild: picture-alliance / dpa

Der SPD-Politiker räumte aber ein, dass das ursprüngliche Ziel, bis 2020 schon 17 Prozent des Kraftstoffverbrauchs aus Biosprit zu decken, etwas gesenkt werden müsse. Hintergrund ist das Scheitern der höheren Beimischung von Ethanol im Benzin. Die Motoren von Millionen Autos hätten den ursprünglich vorgesehenen Biosprit-Anteil technisch nicht vertragen. Kurzfristig werde zudem im Bundestag beraten, ob die für 2009 beschlossene Quote von 6,25 Prozent Biokraftstoff am Gesamtverbrauch zu halten sei, sagte der Minister.

"Wir Brauchen eine starke Landwirtschaft"

Angesichts von Hungerprotesten in zahlreichen Ländern - zuletzt in Somalia - sind die Vereinten Nationen inzwischen hoch besorgt. Für Juni bereitet UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ein Gipfeltreffen in Rom vor. Aus seiner Sicht liegt die Ursache der Nahrungskrise in einer verfehlten Entwicklungspolitik.

Seehofer meinte, an der Agrarpolitik in Deutschland liege es jedenfalls nicht. "Wir brauchen eine starke Landwirtschaft in den Industrienationen, um für Stabilität auf dem Weltmarkt zu sorgen", erklärte der Agrarminister gemeinsam mit Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Hohe Preise seien im Prinzip günstig, weil sie Anreize zur Produktion gäben und langfristig noch höhere Preise verhinderten, sagte Sonnleitner. Grundsätzlich sei die Welt in der Lage, ihre wachsende Bevölkerung zu ernähren. Besorgt zeigte sich Seehofer allerdings über die Knappheit von Futtermitteln. Dies sei ein "echtes Problem" von gewaltiger Dimension. Ohne eine Lösung könnten die Lebensmittelpreise in Deutschland in "raketenartiger Form" steigen, sagte der Minister. (mg)