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UN-Flüchtlingskommissar Lubbers tritt zurück

21. Februar 2005

Die Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen den Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Ruud Lubbers, schwelten schon seit Monaten. Nun zog Lubbers die Konsequenz und reichte seinen Rücktritt ein.

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Schwere Vorwürfe gegen Ruud LubbersBild: dpa

Die ersten Vorwürfe gegen Lubbers tauchten im vergangenen Jahr (2004) auf. Am Freitag (18.2.05) veröffentlichte die britische Zeitung "The Independent" unter Berufung auf UN-Beamte detaillierte Anschuldigungen einer Beschwerdeführerin. Demnach sagte die Mitarbeiterin, Lubbers habe seine Arme um ihre Taille gelegt, sie herangezogen und an sich gepresst.

Zudem wurden vier weitere Frauen zitiert, die zwar nicht formell Beschwerde eingelegt hatten, Lubbers aber ebenfalls sexuelle Belästigung vorwarfen.

Den mit der internen Untersuchung der Vorwürfe beauftragten UN-Beamten warf Lubbers vor, Tatsachen verzerrt und Informationen an die Medien weitergegeben zu haben.

"Üble Nachrede"

Lubbers sagte, er beuge sich dem anhaltenden Druck der Medien, beteuerte aber zugleich seine Unschuld. Der ehemalige niederländische Ministerpräsident bezeichnete die Vorwürfe als "üble Nachrede". Im niederländischen Fernsehen bekräftigte er, dass er sich nichts zu Schulden habe kommen lassen. In seinem Rücktrittsgesuch erklärte Lubbers, er fühle sich beleidigt und verletzt. "Über vier Jahre lang habe ich meine gesamte Energie in das UNHCR gesteckt", schrieb Lubbers an Annan. "Jetzt, inmitten einer Serie von Problemen und unter unter dem anhaltenden Druck der Medien, sehen Sie dies offenbar anders."

UNITED NATIONS HIGH COMMISSIONER FOR REFUGEES - Logo
Logo des UNHCRBild: AP

In einem Brief an die Mitarbeiter des UNHCR bezeichnete Lubbers seinen Rücktritt als schwere Entscheidung. Sein Entschluss habe zu tun mit seinem Wunsch, dem Generalsekretär das Leben nicht unnötig schwer zu machen. Annan sehe sich "einer Reihe von Problemen und anhaltendem Druck der Medien" gegenüber, schrieb Lubbers.

Opfer eines Reformplans?

Der Niederländer Lubbers stand seit 2001 an der Spitze des Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Seine reguläre Amtszeit wäre Ende des Jahres abgelaufen. Der 65-Jährige bot an, die Amtsgeschäfte so lange weiterzuführen, bis ein Nachfolger gefunden ist. Annan war zuletzt offenbar nicht mehr von Lubbers' Unschuld überzeugt. In der von seinem Sprecher herausgegebenen Erklärung heißt es zwar, die ersten Vorwürfe gegen Lubbers hätten sich nicht erhärtet. Weiter ließ Annan jedoch mitteilen, die "anhaltende Kontroverse" habe den Kommissar in eine unmögliche Position gebracht.

UN-Diplomaten sehen Lubbers' Rücktritt als Teil der Bestrebungen, die Führungsspitze der Vereinten Nationen umzubilden. Vorangetrieben wird dies von Annans neuem Stabschef Mark Malloch Brown, der die Verwaltung der Weltorganisation reformieren soll.

Das Verhalten von Lubbers, der bei den UN das Hilfsprogramm für 20 Millionen Flüchtlinge in 120 Ländern leitet, ist nur einer der jüngsten Flecken auf der Weste der Vereinten Nationen. Das Ansehen der Weltorganisation litt in den vergangenen Monaten vor allem unter den Korruptionsvorwürfen gegen das "Öl für Lebensmittel"-Programm im Irak. In Misskredit sind die UN auch durch die sexuelle Ausbeutung von Kindern und jungen Frauen durch Blauhelm-Soldaten in Kongo geraten. (kas)