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UN-Ermittler rügen Israel wegen Gaza-Flotte

23. September 2010

Eine Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates hat Israel schwere Verstöße gegen internationales Recht beim Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte im Mai vorgeworfen. Die israelische Regierung ist empört.

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Auf dem Schiff "Mavi Marmara" wurden die neun türkischen Aktivisten getötet (Foto: AP)
Auf dem Schiff "Mavi Marmara" wurden die neun türkischen Aktivisten getötetBild: AP

Israel hat nach Einschätzung von UN-Experten bei der Erstürmung einer Hilfsflotte für den Gazastreifen Ende Mai schwere Verstöße gegen die Menschenrechte und internationales Recht begangen. Eine Kommission des UN-Menschenrechtsrats kommt in ihrem Untersuchungsbericht zu dem Schluss, dass die israelische Marine bei dem Einsatz mit "nicht hinnehmbarer Brutalität" vorgegangen sei. Die Reaktion aus Jerusalem kam prompt: Das israelische Außenministerium wies den am Mittwoch veröffentlichten Bericht als "einseitig" und "voreingenommen" zurück.

"Unglaublicher Grad von Gewalt"

Fahnen mit dem Symbol des UN-Menschenrechtsrates in Genf (Foto: AP)
Fahnen mit dem Symbol des UN-Menschenrechtsrates in GenfBild: AP

Die Untersuchungskommission schreibt in ihrem Bericht, die Erstürmung der Flotte sei nicht nur "unverhältnismäßig" gewesen, sondern zeuge auch von einem "völlig unnötigen und unglaublichen Grad von Gewalt". Es gebe "klare Beweise", die Anklagen möglich machten. Die Ermittler nennen unter anderem die Vorwürfe der vorsätzlichen Tötung und der Folter, auf die sich Anklagen gegen Israel stützen könnten.

Die UN-Experten forderten Israel zur Zusammenarbeit auf. "Die Urheber der schlimmsten Verbrechen waren maskiert und können ohne die Hilfe der israelischen Behörden nicht identifiziert werden", hieß es in dem Bericht. In dem 56 Seiten langen Report wird auch die israelische Blockade des Gazastreifens selbst als ungesetzlich bezeichnet.

Israel spricht von Selbstverteidigung

Bei der Erstürmung der Flotte, die Hilfsgüter in den von Israel abgeriegelten Gazastreifen bringen sollte, waren am 31. Mai im Mittelmeer neun pro-palästinensische Aktivisten getötet worden. Israel erklärte, die Soldaten seien von den Aktivisten mit Knüppeln und Messern angegriffen worden und hätten dann zur Selbstverteidigung geschossen. Dagegen betonten die UN-Ermittler nun, die Todesumstände von "mindestens sechs" der Opfer glichen einer "willkürlichen Hinrichtung". Die meisten der etwa 500 Menschen an Bord des türkischen Hauptschiffs "Mavi Marmara" waren Türken. Auch alle Todesopfer des israelischen Einsatzes kamen aus der Türkei. Der Zwischenfall hatte zu einer tiefen Krise zwischen beiden Ländern geführt.

Ein israelischer Arbeiter entlädt einen Lastwagen an der Grenze zum Gazastreifen (Foto: AP)
Ein israelischer Arbeiter entlädt einen Lastwagen an der Grenze zum GazastreifenBild: AP

Der UN-Menschenrechtsrat hatte Anfang Juni den israelischen Militäreinsatz im Juni in einer Resolution verurteilt und zugleich eine internationale Untersuchungskommission ins Leben gerufen. Israel lehnt dieses Gremium als parteiisch ab und unterstützt nur eine von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eingeleitete Untersuchung.

Das Außenministerium in Jerusalem versicherte umgehend, Israel sei "ein demokratisches und gesetzestreues Land", das sich an internationales Recht halte. Der Bericht sei "ebenso voreingenommen und einseitig, wie das Gremium, das ihn erstellt hat", erklärte das Ministerium. Die Geschehnisse des 31. Mai würden weiter von einem israelischen Gremium geprüft, dem zwei internationale Beobachter angehören. Alle weiteren Untersuchungen seien "überflüssig und unproduktiv".

Hamas fordert Bestrafung der Verantwortlichen

Schiffe im Hafen von Gaza (Foto: AP)
Im Hafen von Gaza wollte die Hilfsflotte ihre Ladung löschenBild: AP

Die radikalislamische Hamas teilte mit, der Bericht zeige, dass die israelische Besetzung der palästinensischen Gebiete nicht nur die Menschenrechte der Palästinenser verletze, sondern auch die "Unschuldiger, die gekommen sind, um ihr Mitgefühl zu zeigen". Die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses müssten nun in Taten umgesetzt und die Verantwortlichen vor Gericht gebracht werden, sagte Hamas-Sprecher Fausi Barhum.

Das Expertenteam des UN-Menschenrechtsrats wurde von Karl Hudson-Phillips, einem ehemaligen Richter des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, angeführt. Er wurde unterstützt von dem früheren Chefankläger des Kriegsverbrechertribunals für Sierra Leone, Desmond de Silva, und der malaysischen Menschenrechtsexpertin Mary Shanthi Dairiam.

Autor: Reinhard Kleber (afp, dpa, dapd, rtr)
Redaktion: Stephan Stickelmann

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