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Große Bühne

Ute Schaeffer24. September 2007

90 Minuten werden für eine intensive Beratung über Frieden und Sicherheit in Afrika wohl kaum ausreichen. Doch Nicolas Sarkozy scheint mit der von ihm initiierten UN-Sondersitzung ohnehin ganz andere Ziele zu verfolgen.

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Frankreichs Präsident Sarkozy mit Senegals Präsident Wade (Archivfoto)
'Lauter Klischees' - die Rede Sarkozys an der Universität Dakar wurde heftig kritisiertBild: picture-alliance/dpa

Bereits als Innenminister hatte sich Sarkozy durch die Verschärfung des Einwanderungsgesetzes in Afrika richtiggehend unbeliebt gemacht. Seine Rede im Senegal vor einigen Monaten, die vor allem auf die Malaisen des Kontinents abgehoben und ein düsteres Bild afrikanischer Rückständigkeit gezeichnet hatte, hatte ihm in afrikanischen Medien den Vorwurf des Rassismus und der kolonialen Rückwärtsgewandtheit eingetragen.

Mit seiner Initiative im Sicherheitsrat will Sarkozy nun seinen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, meint Babacar Justin Ndiaye, Politologe aus dem Senegal. "Er möchte natürlich den Afrikanern entgegenkommen, ihnen ein versöhnliches Angebot machen, nachdem er sie während seiner Zeit als Innenminister, aber auch mit seinen ersten Auftritten, Reden und Gesten als Präsident verärgert hat." Mit der UN-Sondersitzung verfolge Sarkozy aber auch das Ziel, Frankreichs Einfluss in Afrika zu erhalten.

Militärisch intensive Beziehungen

Dabei ist das wichtigste Thema der Sitzung die Entsendung einer gemeinsamen UNO-EU-Truppe in den Osten des Tschad - direkt an der Grenze zur Krisenregion Darfur - und in die Zentralafrikanische Republik. Sarkozy will dies beschleunigen. Rund 300 UN-Polizisten und 3000 europäische Soldaten sollen zur Beobachtung und zum Schutz der Flüchtlings-Lager für die Menschen aus Darfur in die Region reisen. Frankreich stellt die Hälfte von ihnen. Aus Sicht Frankreichs soll dieser Einsatz die Hybridtruppe UNO-Afrikanische Union für Darfur begleiten und in den Nachbarstaaten für politische Ruhe sorgen.

Frankreich engagiert sich wesentlich stärker in Afrika als viele andere europäische Staaten. Kritiker werfen Sarkozy aber vor, dass es sich sowohl beim Tschad als auch bei der Zentralafrikanischen Republik um traditionelle französische Einflussgebiete handele und dass die Eingreiftruppe dazu dienen solle, den autoritär regierenden tschadischen Präsidenten Deby zu stabilisieren. Auch der senegalesische Politologe Ndiaye kritisiert: Sarkozy wolle damit nur die nicht zuletzt auch militärisch intensiven Beziehungen zu den privilegierten afrikanischen Regierungen, wie dem Tschad oder der Zentralafrikanischen Republik "absichern".

Schluss mit den Gefälligkeiten und Geheimnissen

Dagegen hatte Sarkozy noch zu Beginn seiner Präsidentschaft angekündigt, es müsse Schluss sein mit der Politik der Geheimnisse, der Gefälligkeiten und der Widersprüche im französisch-afrikanischen Verhältnis. Tatsächlich hatte Frankreich bereits unter Chirac die Anzahl der ständigen Militärbasen in Afrika und die Zahl der französischen Soldaten auf dem Nachbarkontinent reduziert. Inzwischen sind es noch rund 10.000, verteilt auf fünf Basen, im Senegal, an der Elfenbeinküste, im Tschad, in Gabun und Dschibuti. Und statt militärischer Alleingänge strebt Frankreich schon seit geraumer Zeit die Beteiligung an multilateralen Einsätzen unter dem Dach der UN an. Trotzdem bleibt das oberste politische Ziel des französischen Präsidenten die Verbesserung der inneren Sicherheit - auch beim Thema Afrika. Immer noch verfolgt der französische Präsident seine Idee einer "Mittelmeer-Union", welche sich vor allem der Terrorbekämpfung verschreiben soll.

Und im Zuge der außenpolitischen Initiativen und Gesten in Richtung Afrika mehren sich in Frankreich auch konservative Stimmen, die zum Beispiel Gentests vor der Zusammenführung von Migrantenfamilien fordern. Der französische Politologe Patrice Bouveret, der am Zentrum für Frieden und Konflikte in Lyon arbeitet, glaubt deshalb nicht daran, dass es unter Sarkozy zu einer wirklichen Veränderung der Afrikapolitik kommt. Diese werde auch unter Sarkozy von innenpolitischen Interessen geleitet sein und das Muster privilegierter Beziehungen im Vorhof Frankreichs beibehalten.

Alles nur Kosmetik?

Eine Veränderung des Ansatzes und eine echte Beförderung von Frieden und Sicherheit müsste, so Bouveret, dagegen an allererster Stelle etwas ganz anderes bedeuten, nämlich: "Die Verringerung der Militärbasen und Soldaten in Afrika und der Ausbau von echter Hilfe zu Ausbildung und zur Entwicklung. Das heißt, es geht doch vielmehr um eine entschlossene Entwicklungspolitik. Denn wenn man Frieden erreichen will, dann geht das doch nur über direkte Hilfe zur Entwicklung für die betroffenen Staaten.”

Die Afrika-Sitzung des Sicherheitsrates wird dem französischen Präsidenten also vor allem eine außenpolitische Bühne eröffnen. Im Ergebnis wird sich dadurch voraussichtlich weder an der Sicherheitslage in Afrika etwas ändern noch an der französischen Außenpolitik, in der Afrika schon seit längerem nur noch ein Platz unter vielen gebührt. Babacar Justin Ndiaye ist überzeugt: "Das ist doch alles Kosmetik! Schließlich hat Sarkozy angekündigt, dass er den internationalen Beziehungen doch weit mehr Bedeutung zumisst als einem Französisch-Afrikanischen Tête-à-Tête."