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UN-Appell: Flüchtlingskrise überwinden

20. Juni 2016

Der UN-Flüchtlingskommissar appelliert an alle Staaten, durch gemeinsame Aktionen 2016 einen Wendepunkt in der Flüchtlingskrise herbeizuführen. Er kritisiert den EU-Türkei-Deal - und lobt Deutschland.

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Aus der IS-Hochburg Falludscha geflohene Iraker am vergangenen Freitag (Foto: AP)
Aus der IS-Hochburg Falludscha geflohene Iraker am vergangenen FreitagBild: Getty Images/AFP/M. Al-Dulaimi

Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, hat davor gewarnt, auf Grenzen und Mauern zu vertrauen, um Flüchtlinge abzuwehren. "Das verlagert vielleicht die Probleme, aber sie werden wiederkommen", sagte Grandi zum Weltflüchtlingstag im Interview mit dem deutschen Fernsehen. Die neue Rekordzahl von 65 Millionen Flüchtlingen weltweit müsse alle aufrütteln und beunruhigen. Hinzu kommt, dass 90 Prozent der Vertriebenen in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen Zuflucht suchten. 50 Prozent der Flüchtlinge seien Kinder. "Die Liste der Probleme ist lang, und sie sollte uns um den Schlaf bringen", sagte Grandi.

Grandi bewertete auch den Türkei-Deal der EU kritisch. Aus seiner Sicht wäre es besser gewesen, wenn Europa die ursprünglichen Entscheidungen umgesetzt hätte, also Grenzkontrollen, Registrierung von Flüchtlingen und Verteilung nach einem festen Schlüssel. Ausdrücklich lobte der UN-Kommissar die Flüchtlingspolitik der deutschen Regierung. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe nach dem Grundsatz der Solidarität gehandelt: "Die Kanzlerin und ihre Regierung waren immer extrem offen gegenüber gesamteuropäischen Lösungen. Konstruktiv, konkret, pragmatisch, aber auch prinzipienfest. Das ist der richtige Weg."

Das Flüchtlingslager Satari in Joranien ist zu einer Stadt mit 80.000 syrischen Einwohnern angewachsen (Foto: Getty)
Das Flüchtlingslager Satari in Jordanien ist zu einer Stadt mit 80.000 syrischen Einwohnern angewachsenBild: Getty Images/AFP/K. Mazraawi

Grandi rief dazu auf, mutiger die Probleme in der Welt anzugehen. Staats- und Regierungschefs müssten sich ihrer "kollektiven Verantwortung" stellen und auf die Eindämmung bewaffneter Konflikten hinwirken, die Millionen von Menschen in die Flucht trieben. "Die führenden Politiker der Welt dürfen nicht länger passiv zusehen, wie so viele Menschenleben unnötig verloren gehen", erklärte Grandi.

24 Menschen pro Minute werden entwurzelt

Weltweit sind laut UNHCR mehr Menschen auf der Flucht als je zuvor. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen spricht in seinem Jahresbericht 2015 von einem traurigen Rekordniveau. Jeder 113. Erdenbewohner sei davon inzwischen direkt betroffen. "Während im Jahr 2005 durchschnittlich sechs Menschen pro Minute entwurzelt wurden, sind es heute 24 pro Minute - das sind statistisch zwei Menschen pro Atemzug."

Bürgerkriegs-Flüchtlinge nahe der ostkongolesischen Stadt Rutshuru (Archivild: AFP)
Bürgerkriegs-Flüchtlinge nahe der ostkongolesischen Stadt Rutshuru (Archivild)Bild: Getty Images/AFP/J. D. Kannah

Zum ersten Mal seit Bestehen des UNHCR sei durch den Anstieg der Flüchtlingszahlen auf insgesamt 65,3 Millionen Menschen bis Ende 2015 die "60-Millionen-Marke" überschritten worden. "Insgesamt ist die globale Zahl der Menschen auf der Flucht in etwa so groß wie die Einwohnerzahlen von Großbritannien, Frankreich oder Italien." 21,3 Millionen Flüchtlinge hielten sich dem UN-Bericht zufolge Ende 2015 in fremden Ländern auf. 40,8 Millionen seien Vertriebene innerhalb ihrer Heimatstaaten. Weitere 3,2 Millionen warteten im Ausland auf Entscheidungen über ihre Asylanträge - der höchste bisher von UNHCR verzeichnete Stand.

stu/wl (afp, dpa, kna)