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Hendricks will neue Unwetter-Frühwarnsysteme

5. Juni 2016

Nach den jüngsten Unwettern mit mehreren Toten und Milliardenschäden wird der Ruf nach neuen Schutzmaßnahmen laut. In den betroffenen Gebieten herrscht angesichts der Erfahrungen der vergangenen Tage hingegen Skepsis.

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Sturzflut: Wassermassen wälzen sich durch die Stadt Simbach am Inn / Niederbayern (Foto: picture-alliance/dpa/W. Geiring)
Sturzflut: Wassermassen wälzen sich durch die niederbayerische Stadt Simbach am InnBild: picture-alliance/dpa/W. Geiring

Die Behörden sollten sich "für akute Überschwemmungsgefahren durch Bäche und kleine Flüsse noch besser wappnen", sagte Barbara Hendricks den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Dazu könnten neue Frühwarnsysteme gehören, aber auch neue Katastrophenszenarien für Polizei, Zivilschutz und Feuerwehr, so die Bundesumweltministerin.

Politik muss sich auf neue Situation einstellen

Für die großen Flüsse Rhein, Donau, Elbe, Oder und Weser gebe es zwar nationale Vorsorgeprogramme. "Bestürzend an den jüngsten Überschwemmungen ist aber, dass sie nicht an Flüssen stattfanden, sondern sich kleine Bäche in reißende Ströme verwandelten", verwies Hendricks auf die verheerenden Unwetter der vergangenen Tage in Süddeutschland. Dort starben unter anderem bei Sturzfluten nach heftigen Regenfällen elf Menschen. Der Sachschaden wird allein in der Region Niederbayern auf mehr als eine Milliarde Euro geschätzt.

Hendricks merkte an, dass man zwar nicht jedes Starkregenereignis unmittelbar auf den Klimawandel zurückführen dürfe. "Aber klar ist: Die Anzahl und die Intensität extremer Wetterlagen in Mitteleuropa nehmen zu, das sind Zeichen für einen Klimawandel", sagte die SPD-Politikerin. Der natürliche Lauf der Jahreszeiten sei erkennbar durcheinandergeraten. Die Politik müsse sich vorsorgend auf diese neue Situation einstellen.

Umweltministerin Barbara Hendricks spricht im Bundestag (Foto: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld)
Hendricks: "Die Anzahl und die Intensität extremer Wetterlagen in Mitteleuropa nehmen zu."Bild: picture-alliance/dpa/K.Nietfeld

Behörden: Kein wirksamer Schutz vor Sturzfluten

Die Behörden in den betroffenen Gebieten sehen allerdings nur wenige Möglichkeiten für einen wirksamen Schutz von Ortschaften und Menschen vor Sturzfluten, wie sie jüngst in Bayern wüteten. Hochwasser seien einigermaßen voraussehbar. "Aber Naturereignisse wie Sturzfluten kommen so schnell und so heftig, dass sie kaum vorhersehbar und nicht steuerbar sind", sagte der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach, Thomas Keller.

Wie unkalkulierbar Sturzfluten seien, zeige unter anderem ein Beispiel aus dem Landkreis Ansbach, wo Anfang vergangener Woche mehrere Ortschaften von herabstürzenden Wassermassen verwüstet wurden. Die Wassermassen seien so plötzlich gekommen, dass die Pegelanzeige des fränkischen Flusses Rezat binnen Sekunden senkrecht anstieg. Eine Vorwarnung der Bevölkerung sei da unmöglich, so Keller.

Weitere Unwetter im Süden und Westen Deutschlands

Allerdings könnten die Schäden in sturzflut-gefährdeten Gebieten künftig begrenzt werden, ist Keller überzeugt. So sollten Wohnhäuser in ausreichendem Abstand zum Hauptstrang möglicher Sturzfluten errichtet werden, auf keinen Fall aber quer zur Fließrichtung. Bäche sollten statt in Rohren wieder als frei fließende Gewässer die Ortschaften passieren. Auch sollten in unmittelbarer Nähe von Bächen keine Holzstöße, Silo-Ballen und Abfallcontainer gelagert werden. Mitgerissene Abfall- und Glascontainer sowie Siloballen hätten in mehreren Orten Wasserabflüsse verstopft und so die Lage verschlimmert, sagte Keller.

Eine Gruppe Feuerwehrmänner steht und blickt auf eine überschwemmt Straße in Simbach am Inn (Foto: picture-alliance/dpa/D. Scharinger)
Elf Tote und Schäden in Milliardenhöhe - Bilanz der Unwetter der vergangenen TageBild: picture-alliance/dpa/D. Scharinger

Unterdessen wüteten am Wochenende im Süden und Westen Deutschlands wieder Unwetter. In Bayern wurden vier Menschen verletzt, nachdem ein Blitz ihr Haus getroffen hatte. Bei den Einsatzkräften gingen Notrufe im Minutentakt ein. Das Landratsamt im oberbayerischen Weilheim-Schongau erklärte nach Überschwemmungen rund um die Gemeinde Polling sogar den Katastrophenfall. In Bonn richtete die Stadtverwaltung nach Überflutungen einen Krisenstab ein. Mehrere Bäche waren nach einem Unwetter über die Ufer getreten, Keller liefen voll, und ganze Straßenzüge standen unter Wasser. Im nahegelegenen Mendig brach die Gemeindeverwaltung das Musikfestival "Rock am Ring" nach wiederholten Unwettern mit mehr als 80 Verletzten vorzeitig ab.

ww/haz (dpa, rtr)