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Umschwung in Kirgisien

24. März 2005

In der Machtprobe mit Präsident Askar Akajew hat sich die Opposition in Kirgisien durchgesetzt: Kurmanbek Bakijew wurde zum Interims-Staatschef ernannt. Der gestürzte Staatschef Akajew floh wahrscheinlich nach Russland.

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Revolution ist nicht unbedingt friedlichBild: AP
Kurmanbek Bakijew, neuer Übergangsstaatschef in Kirgisien
Kurmanbek Bakijew, neuer Übergangsstaatschef in KirgisienBild: AP

Kurmanbek Bakijew trat am Freitagmorgen vor das Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Bischkek und erklärte vor rund 1000 Demonstranten, die Abgeordneten hätten ihn zum Interims-Präsidenten und Regierungschef gewählt. "Die Freiheit ist endlich zu uns gekommen", sagte er. Die Menge rief jubelnd seinen Namen. Bakijew war früher schon einmal Ministerpräsident Kirgisiens.

Parlament wie vor der Wahl

Das Oberhaus des kirgischen Parlaments hatte am Donnerstag zunächst den Oppositionsabgeordneten Ischenbai Kadyrbekow zum Übergangspräsidenten bestimmt. Das Unterhaus stimmte der Entscheidung aber nicht zu, wie es laut Verfassung erforderlich gewesen wäre.

Außerdem hat das Oberhaus am Donnerstag dem Oppositionsführer Felix Kulow übergangsweise die Verfügungsgewalt über alle Sicherheitskräfte des Landes übertragen. Der frühere Chef der Sicherheitsdienste und Ex-Vizepräsident gilt als der Politiker, der die zersplitterte Opposition einen könnte.

Nachdem die Opposition der Regierung der früheren Sowjetrepublik Wahlfälschung vorgeworfen hatte, erklärte der Oberste Gerichtshof Kirgisiens die umstrittene Parlamentswahl am Donnerstag für ungültig. Das vor der Wahl amtierende Parlament wurde als rechtmäßige Volksvertretung anerkannt und kam zu einer Sondersitzung zusammen.

Die "Alten" sind wieder an der Macht

Bakijew hat für Juni eine Präsidentschaftswahl anberaumt. Die Wahl werde "gemäß der Verfassung stattfinden", sagte er am Freitag vor dem Parlament in Bischkek. Die Zusammensetzung einer neuen Regierung werde erst nach Gesprächen mit den Parlamentsausschüssen feststehen, so Bakijew.

Er schlug vor, die Oppositionspolitikerin Rosa Otunbajewa zur Außenministerin zu ernennen. Die ehemalige Diplomatin hatte das Amt bereits vor ihrem Wechsel in die Opposition inne. Vor Journalisten versicherte Bakijew, er werde die internationalen Verträge einhalten, die Kirigisien in der Vergangenheit geschlossen hat. Dies betreffe auch die Militärstützpunkte der USA und Russlands.

Freies Bildformat: Kirgisien
Demonstranten gegen Polizei in BischkekBild: AP

Rätselräten um Akajews Verbleib

Die bislang größten Proteste der Opposition in der Hauptstadt hatten am Donnerstagmorgen friedlich begonnen. Tausende Oppositionsanhänger mit rosafarbenen und gelben Bändern zogen unter Rufen wie "Akajew, hau ab!" zum Regierungssitz. Dort kam es dann zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und mit Schlagstöcken bewaffneten Regierungsanhängern sowie Polizisten.

Am frühen Nachmittag stürmten Demonstranten das "Weiße Haus" und warfen Porträts von Präsident Akajew aus den Fenstern. Dabei wurden nach Krankenhausangaben 30 Menschen verletzt. Wenig später stürmten Regierungsgegner auch das Gebäude des staatlichen Fernsehsenders. Am Abend kam es Medienberichten zufolge zu Plünderungen.

Bakijew versicherte, er plane nicht die Ausrufung des
Notstandes. Er rief jedoch die Bewohner der Haupstadt auf, die Plünderungen zu verhindern. In der Nacht zum Freitag waren in Bischkek zahlreiche Geschäfte ausgeraubt worden, einige gingen in Flammen auf. Eine Ausgangssperre schloss er nicht aus.

Hilfe und Vermittlung angeboten

Der US-Botschafter in Bischkek, Stephen Young, stellte sich im US-Fernsehsender CNN hinter die kirgisische Opposition. Er habe mit mehreren Oppositionsvertretern gesprochen und freue sich auf eine Zusammenarbeit, sagte Young.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erklärte, sie habe der kirgisischen Opposition ihre Hilfe bei der Bildung einer "formalen Autorität"' angeboten. Das Land müsse sich wieder normalisieren, sagte der Sondergesandte Alojz Peterle der Nachrichtenagentur AFP. Die ukrainische Regierung bot ihre Vermittlung zwischen Opposition und bisherigen Staatsführung an. (wga/arn)