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Ukraine hofft auf Visafreiheit

Nina Werkhäuser, Berlin27. Juni 2016

In der Ukraine sind schon viele Reformversuche gescheitert. Nun nimmt der ukrainische Ministerpräsident Wolodymyr Hrojsman einen neuen Anlauf - und hofft dabei auf Hilfe aus Deutschland.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel schüttelt dem ukrainischen Ministerpräsidenten Wolodymyr Hrojsman im Kanzleramt die Hand, Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Es war vor allem sein Wille zu Reformen, über den der ukrainische Ministerpräsident Wolodymyr Hrojsman bei seinem ersten Arbeitsbesuch in Berlin berichtete. Über Erreichtes und Erfolge vermochte der enge Vertraute von Präsident Petro Poroschenko wenig zu sagen. Zum einen, weil er erst seit gut 50 Tagen im Amt ist. Zum anderen weil einige Bereiche der ukrainischen Gesellschaft als extrem schwer reformierbar gelten, etwa die Justiz.

"Ganz oben auf meiner Tagesordnung steht die Bekämpfung der Korruption und nicht das Gespräch über die Bekämpfung der Korruption", erklärte Hrojsman nach seinem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Seine politische Karriere begann der 38-Jährige als Bürgermeister der Großstadt Winnyzja, wo er beachtliche Erfolge bei der Modernisierung der Verwaltung erzielte. Ab November 2014 war er Präsident der Werchowna Rada, des ukrainischen Parlaments, und galt dort als geschickter Strippenzieher.

Wege aus der Wirtschaftkrise

Nachdem sein Vorgänger Arsenij Jazenjuk gescheitert war, wurde Hrojsman im April zum neuen Ministerpräsidenten gewählt - ein Amt, das die meisten seiner Landsleute eher als Schleudersitz denn als Traumjob bezeichnen würden. "Wir haben viele Hausaufgaben", betonte Hrojsman. Vor allem müsse die ukrainische Wirtschaft wieder wachsen, hier gebe es "ein gewaltiges Potenzial".

Die Ukrainer erwarteten von der Regierung, dass sich ihr Leben verbessere, sagte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, aber: "Das ist bisher nicht eingetreten." Vielmehr sei das Durchschnittseinkommen gesunken. Darüber hinaus müssten die Menschen für das früher staatlich subventionierte Gas nunmehr Marktpreise bezahlen. Es sei daher besonders wichtig, dass die ukrainische Wirtschaft wieder wachse, erste Anzeichen dafür gebe es.

Hrojsman sprach von mehr als 1.000 Betrieben in seinem Land, die erfolgreich mit deutschem Kapital arbeiteten. Weitere Investitionen seien höchst willkommen. Merkel versprach weitere Unterstützung auf diesem Gebiet und auch bei der Umsetzung des Minsker Abkommens, das den Frieden im Donbass wieder herstellen soll. Es werde weiter "mit Hochdruck" verhandelt, erklärte die Bundeskanzlerin. Russland müsse die Vereinbarungen von Minsk erfüllen, damit es einen stabilen Waffenstillstand gebe und freie Wahlen im Donbass abgehalten werden könnten, forderte Hrojsman. Sein Ziel sei die "Reintegration des ukrainischen Donbass".

Wolodymyr Hrojsman redet im ukrainischen Parlament, Foto: Reuters
Wolodymyr Hrojsman redet in der Werchowna Rada, dem ukrainischen ParlamentBild: Reuters/V. Ogirenko

Ukraine auf Europakurs

Die Ukraine hofft, möglichst bald die Visafreiheit für die Mitgliedsländer der EU zu bekommen. Die Visumspflicht sei "eine bürokratische Wand", die sein Land von den anderen europäischen Ländern trenne, betonte Hrojsman, der den proeuropäischen Kurs von Präsident Poroschenko unterstützt. Die Ukraine erfülle alle technischen Bedingungen für das visafreie Reisen.

Merkel dämpfte die Erwartungen ein wenig: Noch arbeite Brüssel an einem effizienten Mechanismus, mit dem die Visafreiheit bei Bedarf wieder ausgesetzt werde könne - etwa dann, wenn Reisende in großem Stil Asylanträge in anderen Ländern stellten. Darüber werde das Europaparlament noch vor der Sommerpause oder spätestens im September entscheiden. Eine Beitrittsperspektive zur EU sehe sie für die Ukraine derzeit nicht, sagte Merkel. Zunächst müsse sich das Land an die Standards der EU annähern, so wie es das Assoziierungsabkommen vorsieht. Dabei könne die Ukraine auf die Unterstützung Deutschlands bauen.