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Ukraine empört über Boykott-Forderungen

30. April 2012

Nach Bundespräsident Gauck haben weitere europäische Staatsoberhäupter ihre Reisen zu einem Treffen in der Ukraine abgesagt. Begründet haben sie dies vorrangig mit den Haftbedingungen für Ex-Regierungschefin Timoschenko.

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Der Fall Timoschenko entzweit Europa und die Ukraine immer mehr (Foto:reuters)
Bild: Reuters

Sowohl der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer als auch die Staatsoberhäupter Tschechiens und Sloweniens, Václav Klaus und Danilo Türk, schlossen sich der Entscheidung des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck an und werden nicht an einem Gipfeltreffen zentraleuropäischer Staatschefs in Jalta auf der Krim teilnehmen. Aus dem Präsidialamt in Prag hieß es, es gebe mehrere Gründe, aus denen Klaus nicht an dem Treffen Mitte Mai teilnehmen werde, Julia Timoschenko sei der wichtigste Grund.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso verzichtet bis auf weiteres auf einen Besuch der EM-Fußballsspiele in der früheren Sowjetrepublik. "Nach jetzigem Stand hat Barroso keine Absicht, in die Ukraine zu reisen oder an irgendwelchen Veranstaltungen in der Ukraine teilzunehmen", wurde in Brüssel mitgeteilt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht einen Besuch in der Ukraine anlässlich der Fußball-Europameisterschaft im Juni von der politischen Entwicklung in dem Land abhängig. Jede Planung stehe unter dem Vorbehalt des Schicksals der inhaftierten Oppositionsführerin Timoschenko sowie unter "Vorbehalt der Rechtsstaatlichkeit" in der Ukraine, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter der Nachrichtenagentur Reuters. Es gebe weiter keine konkreten Reiseplanungen.

Merkel empfiehlt Ministern EM-Boykott

Sei die im Gefängnis erkrankte Timoschenko bis zur EM im Juni nicht frei, könnte Frau Merkel auch ihren Ministern empfehlen, dem Turnier fernzubleiben, hatte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet. Allenfalls für Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) könnte in seiner Funktion als Sportminister eine Ausnahme gelten.

In der Bundesrepublik waren in den vergangenen Tagen die Forderungen nach einem Boykott des Sportgroßereignisses lauter geworden. Die Ukraine ist mit Polen vom 8. Juni bis 1. Juli Gastgeber der Fußballeuropameisterschaft. In Polen, dem Co-Gastgeberland, herrscht von politischer Seite bislang Schweigen zu den Boykott-Forderungen gegen die Spiele in der Ukraine.

Kiew empört über "Methoden des Kalten Krieges"

Das ukrainische Außenministerium reagiert empört auf die Boykott-Erwägungen der Bundeskanzlerin. Oleg Woloschin, Direktor für Informationspolitik im ukrainischen Außenministerium, sagte der Nachrichtenagentur Interfax, man hoffe, Frau Merkel sei von den Medien falsch zitiert worden: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die heutigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Deutschland der Methoden des Kalten Krieges bedienen und versuchen, den Sport als Geisel für die Politik zu machen."

Berliner Charité will Timoschenko weiterhin behandeln

Die 51 Jahre alte Timoschenko war 2011 in ihrer Heimat zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden und klagt über Misshandlungen im Gefängnis. Die Verfahren gegen sie und andere Mitglieder der früheren Regierung sind in ihren Augen Schauprozesse, um die Opposition mundtot zu machen. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die erkrankte Timoschenko zur medizinischen Behandlung ausreisen darf. Die Berliner Universitätsklinik Charité hat mehrfach angeboten, Timoschenkos Rückenleiden zu behandeln.

Timoschenko in der Haft (Foto: reuters)
Timoschenko in der HaftBild: Reuters

qu/SC (dpa,rtr,dapd,afp)