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Kampf der Korruption

Simone Schlindwein27. Januar 2014

In Uganda gehört Korruption zum Alltag. Polizisten fordern Bestechungsgeld, Minister und Richter leisten sich teure Immobilien. Journalist Edward Sekeywa hat der Korruption den Kampf angesagt.

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Edward Sekeywa (Foto: Simone Schlindwein)
Bild: DW/Simone Schlindwein

15 Minuten nur dauert der Gerichtstermin, dann wird das Verfahren vertagt. Doch Kläger Edward Sekeywa hat Geduld. Er will nicht aufgeben. Ugandas mutigster Journalist verklagt Ugandas Regierung, weil sie Informationen nicht preisgeben will. Er vermutet, dass Staatsangestellte Landrechte gekauft haben. In einer Gegend, in der jüngst Öl gefunden wurde und Landeigentümer hohe Entschädigungen bekommen, wenn Ölfirmen auf ihren Grundstücken Fördertürme errichten.

Doch die Behörden verweigern Sekeywa die Informationen, wem das Land gehört. Dabei sind sie gesetzlich verpflichtet, diese öffentlich zu machen. Das Parlament hat bereits 2002 ein Gesetz verabschiedet, das Staatsangestellte verpflichtet, ihre Eigentumsverhältnisse sowie die ihrer engsten Verwandten offen zu legen, um Korruption zu bekämpfen. Das Gesetz sei Teil des Auskunftsrechts der Öffentlichkeit, erklärt Sekeywas Anwalt Isaac Kimaze.

"Sekeywa müsste eigentlich nur ein Formular ausfüllen, um diese Informationen zu beantragen. Doch ein solches Formular gibt es nicht", beschwert sich Kimaze gegenüber dem Richter. Der zuständige Minister für Ethik und Anstand habe in elf Jahren, seit das Gesetz verabschiedet wurde, kein Antragsformular entworfen.

Die Staatsanwältin hingegen schiebt die Schuld auf die Ostafrikanische Gemeinschaft, die ein Gericht für solche Fälle habe einrichten wollen, dies bislang aber nicht getan habe. Dann beantragt sie weitere zwei Monate Bearbeitungszeit für den Fall.

Auf der Korruptionsrangliste stark abgesackt

Uganda liegt auf dem globalen Korruptionsindex der Nichtregierungsorganisation Transparency International auf Platz 140 von 177 gelisteten Ländern. Das ostafrikanische Land fällt jedes Jahr weiter zurück. Im vergangenen Jahr sackte es um zehn Listenplätze ab.

In Uganda gehört Korruption zum Alltag dazu. Es sei normal geworden, dass Polizisten nach Geld fragen, wenn sie Autofahrer anhalten, erzählt Sekeywa. Es sei schon fast eine Selbstverständlichkeit, dass man in Behörden Bestechungsgeld zahlen müsse, wenn man etwas erledigen wolle, zum Beispiel ein Auto anmelden. Es sei normal geworden, klagt Sekeywa, dass aus dem Staatshaushalt enorme Summen einfach verschwinden und dass Staatsangestellte wie Minister und Richter teure Immobilien erwerben, gigantische Autos fahren und in prächtigen Villen leben.

Immobilien als Geldwäscheanlage für korrupte Beamte (Foto: Simone Schlindwein)
Wie können sich Staatsangestellte wie Minister und Richter teure Immobilien leisten?Bild: DW/Simone Schlindwein

In seinem Beruf als Chefredakteur eines investigativen Monatsmagazins ist der 38-jährige Sekeywa oft auf Hindernisse gestoßen. Diese Hindernisse seien Methode, um den Zugang zu Informationen zu verkomplizieren, glaubt er.

Doch Sekeywa will sich davon nicht entmutigen lassen. Im Gegenteil: Von der Umweltbehörde will er wissen, wer Genehmigungen erteilt hat, in Naturschutzgebieten Häuser zu bauen. Von der Präsidialadministration will er wissen, nach welchem Kriterium Studienstipendien vergeben werden. Er will wissen, wer eine Brücke gebaut hat, die zwei Wochen nach Fertigstellung zusammenbrach. Er will wissen, wie sich ein Staatssekretär im Landministerium einen Mercedes für 100.000 US-Dollar leisten kann.

Doch diese Informationen einzufordern, ist harte Arbeit und erfordert Geduld und Durchhaltevermögen, klagt Sekeywa. So wollte er sich etwa eine Auskunft einholen von der Behörde, die für geologische Gutachten und Bergbau zuständig ist, und sich dort Verträge anschauen, die zwischen der Regierung und einer Zementfirma geschlossen worden waren. Anlass war ein Skandal über staatliche Entschädigungszahlen an eine Briefkastenfirma.

"Die Behörde ist in Entebbe, also 40 Kilometer von hier. Dort musste ich fünfmal hinfahren. Sie haben mich warten lassen, haben mir gesagt, ich soll morgen wieder kommen. Dann sagten sie, ich dürfe die Akte nicht sehen, weil ich sie stehlen könnte. Dann ging mein Antrag verloren. Ich musste ihn noch einmal stellen", so Sekeywa. "Dazu braucht man gute Nerven. Ich wurde schon beschuldigt, Oppositionspolitiker zu sein. Sie wollen mich zum Aufgeben bewegen. Aber unser Motto ist, niemals aufzugeben."

36 Anträge hat Sekeywa bislang gestellt. Kein einziger wurde beantwortet. Deswegen will er jetzt 36 Gerichtsverfahren anstrengen. Er hat eine Nichtregierungsorganisation gegründet und von einer internationalen Stiftung Geld erhalten, um Anwälte zu bezahlen.

Sind die Bürger Komplizen der Korruption?

Die Korruption konnte in Uganda dieses Ausmaß annehmen, so Sekeywas These, weil die Bürger Komplizen seien. Wenn eine Gesellschaft aber Fragen stelle und Transparenz einfordere, dann kämen die korrupten Leute nicht so leicht davon, so der Journalist.

Stau durch Schlaglöcher in Uganda (Foto: Simone Schlindwein)
Die Leute beschweren sich über Schlaglöcher, aber verteidigen korrupte Beamte, sagt SekeywaBild: DW/Simone Schlindwein

Doch Sekeywa macht häufig die Erfahrung, dass die Ugander die Korruption einfach hinnehmen oder die korrupten Beamten sogar in Schutz nehmen.

"Ich werde oft gefragt, warum ich das mache. Ich solle doch gefälligst diese Leute in Ruhe lassen", erzählt Sekeywa. "Das fragen mich Leute, die sich gleichzeitig beschweren, dass es keine Medikamente in den Kliniken gibt und die Straßen Löcher haben. Aber sie wollen, dass ich die Schuldigen in Ruhe lasse. Wie kann es denn sein, dass ein Beamter mit einem Gehalt von umgerechnet 1000 Euro monatlich vier oder fünf Kaufhäuser baut. Niemand fragt, wie er zu dem Geld gekommen ist. Wir müssen dringend aufwachen!"

Gesetze zum Schein für westliche Geberländer

Um Transparenz einzufordern, nutzt Sekeywa jetzt die Gesetze, die zur Korruptionsbekämpfung vorgesehen sind, aber bislang noch nie angewendet wurden. Wie das Informationsfreiheitsgesetz, das schon 2005 verabschiedet wurde. Doch erst seit 2011 gibt es genaue Regeln, wie das Gesetz angewandt werden soll.

"Diese Gesetze wurden nämlich nicht für uns Ugander gemacht, sondern um die westlichen Geberländer zufrieden zu stellen und den Anschein zu erwecken, es gebe hier Kontrollinstanzen", so Sekeywa. Die Regierungspartei rühme sich damit, dass sie sechs Anti-Korruptionsgesetze formuliert habe. "Doch werden die auch umgesetzt? Nein. Jetzt haben wir Ugander eine Chance, diese Gesetze zu testen. Das mache ich jetzt in meinem Projekt. Wir setzen die Regierung unter Druck, diese Gesetze auch anwendbar zu machen. Wieso gibt es nach elf Jahren keine Antragsformulare? Bislang dienen diese Gesetze nur der Dekoration", sagt Sekeywa.

Sekeywas Projekt ist nicht ungefährlich. Denn er recherchiert auch Vermögensverhältnisse von Ministern, Generälen und Verwandten des Präsidenten. Mehrfach wurde er mit dem Tode bedroht. Er schrieb eine Beschwerde an Präsident Yoweri Museveni. Dieser lud Sekeywa ein, um sich über das Projekt zu informieren. Er heiße die Idee gut, versicherte der Präsident Sekeywa. Seitdem haben immerhin die Todesdrohungen aufgehört.