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Uganda stoppt die Jagd nach Joseph Kony

Simone Schlindwein30. August 2016

Ugandas Armee will die Jagd auf LRA-Chef Joseph Kony einstellen. Für die Regierung sind die Rebellen kein Risiko mehr, zudem ist der Militäreinsatz teuer. Doch wer schützt dann die Zivilbevölkerung in Zentralafrika?

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Soldaten mit Gewehren in Tarnuniformen, über ihnen kreist ein Hubschrauber.
Bild: DW/S. Schlindwein

Es war nur eine Randbemerkung in einem Interview: Fast beiläufig erwähnte Ugandas Armeechef Katumba Wamala vor wenigen Wochen, dass seine Truppen die Jagd auf die LRA einstellen würden. Lange Zeit galt sie als eine der brutalsten Milizen Afrikas. Der Internationale Strafgerichtshof sucht ihren Anführer Joseph Kony mit Haftbefehl. Besonders berüchtigt ist die LRA wegen ihrer Taktik, Kinder zu entführen und als Kämpfer auszubilden.

Bis 2005 kämpfte die Terror-Truppe, deren Mitglieder von der Ethnie der Acholi abstammen, im Norden Ugandas gegen die Armee. Dann zog sich die Miliz in den Südsudan zurück, später in den Dschungel der benachbarten Demokratischen Republik Kongo. Ugandas Armee spürte sie dort 2008 auf und bombadierte sie aus der Luft. Die LRA-Einheiten unter Anführer Kony stoben in alle Richtungen davon: in den Südsudan, in die Zentralafrikanischen Republik. Seitdem jagen ugandische Soldaten die Rebellen über alle Landesgrenzen hinweg.

Ugandas Armeesprecher Oberst Paddy Ankunda bestätigt: Erst vergangene Woche haben ugandische Soldaten an der Grenze zwischen der Demokratischen Republik Kongo und der Zentralafrikanischen Republik einige LRA-Kämpfer überrascht. Vier Gefangene konnten befreit werden. „Der Grund, warum die Kämpfer dort überleben können ist, dass in diesem riesigen Gebiet jegliche Regierungsstrukturen fehlen", sagt Ankunda. "Aber als konventionelle Streitkraft ist die LRA erledigt.“

Flüchtlinge unter einem Baum.
Seit ihrer Gründung hat die LRA Hunderttausende vertrieben.Bild: DW/S. Schlindwein

Von der Welt im Stich gelassen

Die Militäroperationen im Dreiländereck zwischen der Zentralafrikanischen Republik, der Demokratischen Republik Kongo und dem Südsudan erfolgen unter einem Mandat der Afrikanischen Union (AU). 5.000 Soldaten aus den drei Ländern sollen die LRA über die Grenzen hinweg verfolgen. Rund 500 ugandische Spezialkräfte waren bislang im Osten der Zentralafrikanischen Republik stationiert. Ein Teil sicherte vor allem kleine Dörfer vor den Angriffen der LRA. Der andere war in kleinen Einheiten im Dschungel unterwegs, um die LRA-Kämpfer aufzuspüren. Rund 200 amerikanische Spezialkräfte sollen die Suche durch logistische Hilfen und Aufklärung unterstützen. Doch praktisch seien nur Ugandas Soldaten tatsächlich im Einsatz gewesen, klagt Armeesprecher Ankunda.

Trotz des AU-Mandats müsse Uganda alle Kosten der Operation selber tragen, klagt Sprecher Ankunda. Das schade Ugandas Wirtschaft. Nur die Amerikaner hätten aktive Unterstützung geleistet. „Aber die Welt hat uns im Stich gelassen", so Ankunda. Da die LRA keine direkte Bedrohung mehr für Uganda darstellt, will das Land die Truppe nicht mehr bekämpfen. Ankunda sieht andere in der Pflicht - vor allem die UN-Mission in der Zentralafrikanischen Republik (MINUSCA): „Wir planen, uns bis zum Ende des Jahres aus der Operation zurückzuziehen.“

Eine Karte des Operationsgebietes der LRA in der Zentralafrikanischen Republik, dem Südsudan und der DR Kongo.
Die LRA ist in Zentralafrika aktiv.

340 Entführungen – LRA wird stärker

Dabei ist die LRA nach Recherchen der amerikanischen Menschenrechtsorganisation RESOLVE noch nicht besiegt. Resolve-Gründer Paul Ronan recherchiert seit vielen Jahren über die LRA. Die Situation vor Ort kennt er durch eigene Besuche in den Armee-Stützpunkten. Nach seinen Informationen ist die LRA gerade dabei, sich neu zu formieren. Im Osten der Zentralafrikanischen Republik hat sie dieses Jahr bereits 340 Menschen entführt, darunter 69 Kinder. Das sind mehr als im ganzen Jahr 2015. „Kämpfer, die im Februar und März von der LRA geflohen sind, sagen uns: Kony hat seiner Truppe Befehle gegeben, gezielt Jungen zu entführen, um eine neue Generation von Kämpfern auszubilden“, so Ronan. Sein bitteres Fazit: „Die LRA ist keine sterbende Kraft.“

Experten fürchten daher, dass der Abzug der ugandischen Truppen ein Sicherheitsvakuum im LRA-Operationsgebiet hinterlassen wird. Denn ob die UN-Truppen die Aufgaben der gut ausgebildeten ugandischen Soldaten so einfach übernehmen können, halten viele für fraglich.