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U-Boote: Auf Tauchstation exportiert?

4. Juni 2002

Hinter der Übernahme der deutschen Marinewerft HDW durch einen US-Pensionsfonds steht nicht nur der verdeckte Weiterverkauf an US-Konzerne. Auch deutsche Rüstungs-Exportkontrollen sollen so buchstäblich umschifft werden.

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Vom Weltruf zum weltweiten Verkaufsschlager: Deutsche U-BooteBild: presse

Der Verkauf der größten deutschen Rüstungswerft HDW an den US-Pensionsfonds One Equity Partners (OEP) soll laut einem Bericht der Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" nur wenige Stunden nach dem Einstieg bei den Howaldtswerken Deutsche Werft (HDW) mit US-Rüstungsunternehmen verhandelt haben.
Demzufolge habe OEP-Chef Richard Cashin Gespräche mit den US-Konzernen Northrop Grumman und General Dynamics bestätigt, schrieb die Wirtschaftszeitung in ihrer Montagsausgabe (3.6.2002). Ziel sei eine Partnerschaft der Kieler Werft mit den Rüstungskonzernen. Die HDW nahm zunächst keine Stellung zu dem Bericht. Damit gab Cashin Spekulationen neue Nahrung, dass der Einstieg von OEP bei HDW einen rüstungspolitischen Hintergrund hat.

US-Partnerschaft gegen Handelsschranken?

Kern des Geschäfts ist das in Kiel gebaute, von einer Brennstoffzelle angetriebene U-Boot der Klasse 212A, das wochenlang tauchen kann und praktisch nicht zu orten ist. HDW-Chef Klaus Lederer soll im Vorfeld der Transaktion bei einem Gespräch im Kanzleramt erklärt haben, der Verkauf an OEP diene dazu, der HDW auf dem Umweg über USA die Lieferung acht konventioneller U- Boote an Taiwan zu ermöglichen. Auf diese Weise würden die deutschen Rüstungskontrollgesetze buchstäblich umschifft.
Das Kanzleramt habe laut "Handelsblatt" keine Einwände dagegen gehabt, schreibt die Zeitung unter Berufung auf Berliner Regierungskreise. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums dementierte dies am Montag (3.6.2002). Für die HDW gälten bei Rüstungsexporten auch bei einer Mehrheitsbeteiligung durch US- Firmen die deutschen Ausfuhrbestimmungen.

Zähes Ringen hinter den Kulissen

Nachdem die EU-Kommission am 31.5. dem Verkauf zugestimmt hatte, steht dem diesem nur noch ein Hindernis entgegen. Der Oberhausener Industriekonzern Babcock kann HDW nämlich erst nach einem Urteil des dortigen Amtsgerichts verkaufen. Der Babcock-Konzern muss noch die Entscheidung abwarten, weil ein der Babcock-Großaktionär Guy Wyser-Pratte einen Antrag auf eine außerordentliche Hauptversammlung gerichtlich durchsetzen will. Wyser-Pratte will damit verhindern, dass die wertvolle U-Boot-Spitzentechnik einfach aus dem Babcock-Konzern abwandert. Allgemein wird dem Antrag jedoch nur wenig Aussicht auf Erfolg zugemessen, weil schon in der vergangenen Hauptversammlung alle entsprechenden Themen auf der Tagesordnung standen.

Europas Rüstungsindustrie droht der Ausverkauf

Die deutsche Technologie beim Bau von nicht atomar getriebenen U-Booten gilt als weltweit führend. Daher hat der Verkauf von HDW, das zum Industriekonzern Babcock gehörte, an den amerikanischen Pensionsfonds OEP nicht nur bei den Babcock-Aktionären für Ärger gesorgt. Da der US-Konzern General Dynamics im vergangenen Jahr den spanischen Rüstungskonzern Santa Barbara Blindados (SBB) aufkaufte, dürfte der Einstieg bei HDW die Europäer erneut aufhorchen lassen: SBB stellt unter anderem den deutschen Kampfpanzer Leopard II in Lizenz her, ebenfalls ein Spitzenprodukt europäischer Wehrtechnik. (dk)