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Türkische Gemeinde fordert Kompromisslösung

Gernot Jaeger8. Februar 2005

In Deutschland droht tausenden Einwanderern aus der Türkei der Verlust ihrer deutschen Staatsangehörigkeit, weil sie zusätzlich wieder ihre alte Staatsbürgerschaft angenommen haben.

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Tausende Türken fürchten um ihre deutsche StaatsbürgerschaftBild: AP

In den Büros des Verbandes "Türkische Gemeinde in Deutschland" rufen seit Tagen immer mehr besorgte Menschen an. Sie haben zwei Pässe, also einen zuviel, und damit ein Problem. Sie dürfen nicht gleichzeitig Türken und Deutsche sein. Das ist seit fünf Jahren so. Wer Deutscher ist und sich in einem anderen Land einbürgern lässt, verliert automatisch seine deutsche Staatsangehörigkeit. Doppel-Staatsbürgerschaften sind in Deutschland nicht zulässig.

Undemokratische Lösung für Betroffene

Vor der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2000 war das anders. Viele der Betroffenen hätten deswegen nur nachgemacht, was andere vor ihnen noch legal tun konnten, sagt Hakki Keskin, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland: "Diese Menschen müssen nach dem Grundsatz von Gleichbehandlung zumindest eigentlich die deutsche Staatsangehörigkeit behalten."

Türken in Deutschland
Türkischer Kebabhändler in KölnBild: DW

Es geht bei der Diskussion um bis zu 50.000 Menschen, vor allem aus der Türkei. Die Türkische Gemeinde fordert eine unbürokratische Lösung. Kenan Kolat vom Berliner Büro des Verbandes schlägt dazu eine Übergangsfrist vor.

Entweder Türke oder Deutscher: "Entscheide dich!"

"Bis Ende 2006 soll man diesen Menschen die Möglichkeit geben. Lieber Türke oder lieber Deutscher - bitte entscheide dich für die deutsche oder die türkische Staatsangehörigkeit. Wenn du dich für die deutsche entscheidest, solltest du die Entlassung aus der türkischen vorlegen."

Das Bundesinnenministerium hält von einer solchen Lösung allerdings nichts. Ausnahmen seien nicht nötig, sagte Ministeriums-Sprecher Rainer Lingenthal. Die Regeln seien allen bekannt gewesen.

"Diese Menschen haben das ja in vielen Fällen bewusst gemacht, um die deutschen Gesetze zu umgehen, und haben das uns deswegen nicht offenbart. Das heißt, nur dadurch, dass es an der Grenze oder in anderen behördlichen Vorgängen auffällt, erfahren wir davon."

Deutschstämmige Aussiedler aus Russland in Salzwedel im Betsaal
Deutschstämmige Aussiedler aus Russland in Salzwedel im BetsaalBild: dpa

Absicht bestreitet die Türkische Gemeinde jedoch. Die Menschen hätten ihre alte türkische Staatsbürgerschaft schon vor dem Jahr 2000 beantragt. Damals sei das noch in Ordnung gewesen. Wegen der langen Bearbeitungszeit ihres Antrages in der Türkei hätten sie die

türkische Staatsbürgerschaft aber erst nach 2000 erhalten, als zwei Pässe in Deutschland nicht mehr geduldet wurden. Neben ihrem deutschen Pass ist nun sogar ihr Aufenthaltsrecht in Gefahr. Eben noch deutsche Staatsbürger, müssen sie sich jetzt um eine Aufenthaltserlaubnis kümmern, um überhaupt legal im Land bleiben zu dürfen.

Sonderregeln für alte Deutsche

Der Bund sei da aber nicht zuständig, sagte die Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Cornelie Sonntag-Wolgast. Da seien die Innenministerien der Länder gefragt.

"Sie sollten prüfen - möglichst eben mit positivem Ergebnis - ob dem Personenkreis möglichst sofort wieder ein fester Aufenthaltsstatus gewährt werden kann. Und ich meine auch, wir müssen vermeiden, dass diese Menschen gewissermaßen wieder bei Null anfangen."

Soll heißen: Wer einmal einen deutschen Pass hatte, soll zum Beispiel nicht nochmal zum Sprachtest müssen. Ohne neuen Antrag wird es aber wohl nicht gehen. Denn für eine Amnestie - also für eine Regelung, bei der alle ihren Pass einfach behalten - sieht auch Sonntag-Wolgast keine Chance.