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Türkei will Zollunion auf Zypern ausdehnen

27. April 2005

Nach Gesprächen des türkischen Außenministers mit EU-Vertretern in Luxemburg gibt es neue Ansätze zur Lösung des Zypern-Problems. Die EU sieht damit wichtige Voraussetzungen für die Beitrittsverhandlungen erfüllt.

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Findet der türkische Außenminister Gül eine Lösung für das Zypern-Problem?Bild: AP

Nach der letzten gemeinsamen Sitzung auf Ministerebene, bevor am 3. Oktober Beitrittsverhandlungen beginnen sollen, sahen sowohl die Europäische Union als auch die Türkei Fortschritte. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn erklärte als EU-Ratsvorsitzender, es komme jetzt vor allem darauf an, dass die Türkei bei der Umsetzung beschlossener Reformen nicht den Schwung verliere.

Schritt hin zur Normalisierung

Eine wichtige Voraussetzung für Beitrittsverhandlungen, die im vergangenen Dezember nach zähem Ringen von den Staats- und Regierungschefs beschlossen worden war, ist eine Normalisierung des Verhältnisses zwischen der Türkei und dem EU-Mitglied Zypern, dessen Nordteil seit 1974 türkisch besetzt ist. Die Türkei ist bereit, die mit der EU vereinbarte Zollunion auf die zehn neuen Mitgliedsstaaten, und damit auch auf Zypern, auszuweiten. Das sogenannte Ankara-Protokoll soll in Kürze von der Türkei unterzeichnet werden, kündigte der türkische Außenminister Abdullah Gül an. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn lobte diesen Schritt: "Die Unterzeichnung des Protokolls, welches das Abkommen von Ankara auf die zehn neuen Staaten ausdehnt, bedeutet in der Tat einen wichtigen Schritt in Richtung Normalisierung der Beziehungen zwischen der Türkei und allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union."

Gül fordert "faire Lösung"

Die Türkei wird die Mittelmeerinsel Zypern, die formal am 1. Mai 2004 mit dem international anerkannten griechischen Südteil und dem türkischen Nordteil der EU beigetreten ist, auch weiterhin völkerrechtlich nicht als Staat anerkennen. Die EU geht dagegen von einer De-facto-Anerkennung aus. Der türkische Außenminister Abdullah Gül wies darauf hin, dass die griechischen Zyprer vor einem Jahr in einem Referendum einen Wiedervereinigungsplan der Vereinten Nationen abgelehnt haben, während die türkischen Zyprer zustimmten. Es müsse zusammen mit der griechischen Regierung und den griechischen Zyprern eine annehmbare Regelung für die türkischen Zyprer gefunden werden, deren Republik von der EU nicht anerkannt wird. Gül sagte: "Wir betrachten das östliche Mittelmeer als Zentrum der Zusammenarbeit. Wenn wir Erfolg haben, wird das eine sehr dynamische Region. Die einzige Voraussetzung ist, dass wir eine faire Lösung für die Insel unter Mitwirkung der Vereinten Nationen finden."

Rehn: Ermutigende Fortschritte

Die Türkei forderte die EU auf, die im April letzten Jahres zugesagten Hilfen für die isolierten türkischen Zyprer endlich auf den Weg zu bringen, die nach dem gescheiterten Referendum zugesagt worden waren.

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sagte, die Fortschritte bei den Reformen in der Türkei seien ermutigend. Jedoch müssten sie auch im hintersten Winkel der Türkei ankommen und umgesetzt werden: "Wir haben unsere Sorge darüber ausgedrückt, dass in einigen Bereichen Fortschritte nötig sind, zum Bespiel bei der Umsetzung von Justizreformen, die den Rechtsstaat festigen, die Menschenrechte und Frauenrechte in der Türkei schützen."

Im Juni wollen die Außenminister ein Verhandlungsmandat beschließen, auf dessen Grundlage Olli Rehn dann die Gespräche mit der türkischen Regierung am 3. Oktober beginnen soll. Ein Beitrittsdatum ist nicht festgelegt. Die EU geht davon aus, dass die ausdrücklich "ergebnisoffenen" Gespräche mindestens zehn Jahre dauern werden. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagte, die Geschwindigkeit der Verhandlungen hänge vor allem von der Türkei ab, denn es werde regelmäßig Überprüfungen geben, ob die Reformen tatsächlich in der Gesellschaft ankommen.

Bernd Riegert
DW-RADIO, 26.4.2005, Fokus Ost-Südost