Türkei will erneut Ausnahmezustand verlängern
16. Oktober 2017Der Ausnahmezustand in der Türkei soll zum fünften Mal seit dem Putschversuch vom Juli vergangenen Jahres verlängert werden. Die Regierung beschloss, dass die umstrittene Maßnahme mindestens bis zum 19. Januar aufrecht erhalten wird. Das Kabinett folgte damit einer Empfehlung des Nationalen Sicherheitsrates. Beide Gremien tagten unter Vorsitz von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Die Zustimmung des Parlaments zur Verlängerung des Ausnahmezustands gilt als sicher, weil dort die AKP eine absolute Mehrheit hat. Erdogan ist Vorsitzender der AKP.
Während eines Ausnahmezustandes sind die Grundrechte eingeschränkt. Erdogan kann weitgehend mit Notstandsdekreten regieren, die vor dem Verfassungsgericht nicht anfechtbar sind. Der Präsident hatte den Ausnahmezustand nach dem Putschversuch vom Juli 2016 ausgerufen, für den Erdogan den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen verantwortlich macht. Gülen lehnt jede Verantwortung dafür ab. Seitdem wurde der Ausnahmezustand vier Mal um jeweils drei Monate verlängert.
"Leben gewöhnlicher Bürger wird nicht eingeschränkt"
Regierungssprecher Bekir Bozdag sagte nach der Kabinettssitzung, der Ausnahmezustand diene ausschließlich dem Kampf gegen den Terrorismus. Das Leben gewöhnlicher Bürger werde dadurch nicht eingeschränkt. Der Sicherheitsrat hatte als Terrororganisationen ausdrücklich die Gülen-Bewegung, die kurdische Arbeiterpartei PKK und die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) genannt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete.
Der Sicherheitsrat gab als Grund für seine Empfehlung für einen längeren Ausnahmezustand an, damit sollten der Schutz der Demokratie, des Rechtsstaates und der Bürgerrechte gewährleistet werden. Regierungsvertreter hatten nach Verhängung des Notstands im Juli vergangenen Jahres eine baldige Aufhebung in Aussicht gestellt
Der türkische Menschenrechtsverein (IHD) forderte: "Der Ausnahmezustand darf nicht verlängert werden, er muss sofort beendet werden." IHD kritisierte, die Maßnahme werde dazu missbraucht, "ein neues Regime in der Türkei" zu errichten. Die Opposition fordert seit langem ein Ende des Ausnahmezustands, der ohne Verlängerung am 19. Oktober ausgelaufen wäre. Seit der Verhängung des Ausnahmezustands sind mehr 150.000 Staatsbedienstete per Dekret suspendiert oder entlassen worden. Mehr als 50.000 Menschen sitzen wegen angeblicher Verbindungen zur Gülen-Bewegung in Untersuchungshaft.
mas/myk (afp, dpa)